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8 Theorien als Strukturen I - Moodle 2

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Daraus folgt, dass die Bestatigung eines Belegs, der unabhangig von einer<br />

gegebenen Hypothese <strong>als</strong> extrem wahrscheinlich eingeschatzt wird, diese<br />

Hypothese nicht in wesentlichem Umfang unterstutzt, wahrend die Hypothese in<br />

hohem MaBe gestutzt wird, wenn die Bestatigung eines Belegs ohne Annahme der<br />

Hypothese <strong>als</strong> sehr unwahrscheinlich erachtet wird. Wiirde zum Beispiel eine neue<br />

Gravitationstheorie vorhersagen, dass schwere Gegenstande zu Boden fallen,<br />

wiirde diese Theorie durch das Fallen eines Steins nicht wesentlich gestiitzt, weil<br />

von dem Stein auch ohne diese Theorie erwartet wiirde, dass er fallt. Wiirde diese<br />

Theorie jedoch Variationen der Gravitation in Abhangigkeit von der Temperatur<br />

vorhersagen, wiirde sie beim Auftreten solcher Effekte in groBerem Umfang bestatigt,<br />

weil solche Effekte ohne diese Theorie fur sehr unwahrscheinlich erachtet<br />

wiirden.<br />

Bin wichtiger Aspekt der bayesschen Theorie liegt darin, dass die Bestimmung<br />

der Prior- und Posteriorwahrscheinlichkeit immer auf der Basis allgemein<br />

anerkannter Annahmen (im Sinne von Poppers Hintergrundwissen) vorgenommen<br />

wird. Als im vorangegangenen Abschnitt angenommen wurde, dass P(e|h) den<br />

Wert 1 annimmt, wiirde es zum Beispiel, wenn e aus h folgt, <strong>als</strong> selbstverstandlich<br />

angenommen, dass h in enger Verbindung mit dem verfiigbaren Hintergrundwissen<br />

steht. In einem friiheren Kapitel haben wir gesehen, dass <strong>Theorien</strong> um geeignete<br />

Hilfshypothesen erweitert werden miissen, damit es moglich ist, zu iiberpriifbaren<br />

Vorhersagen zu kommen. Die Bayesianer berucksichtigen diesen Gedanken.<br />

In der ganzen Diskussion wird angenommen, dass Wahrscheinlichkeiten auf dem<br />

Hintergrund vorhandenen Wissens berechnet werden.<br />

Es ist wichtig, deutlich zu machen, in welchem Sinne das Bayes-Theorem<br />

tatsachlich ein Theorem ist. Ohne hier zu sehr ins Detail zu gehen, sei angemerkt,<br />

dass es einige Annahmen zur Natur der Wahrscheinlichkeit gibt, die zusammengenommen<br />

die sogenannte „Wahrscheinlichkeitsrechnung" bilden. Diese Annahmen<br />

werden von Bayesianern und Nicht-Bayesianern gleichermaBen akzeptiert.<br />

Es kann gezeigt werden, dass ihre Ablehnung unerwiinschte Konsequenzen nach<br />

sich zieht. Zum Beispiel ist ein Wettsystem, das die Wahrscheinlichkeitsrechnung<br />

verletzt, in dem Sinne „irrational", <strong>als</strong> es ermoglicht, dass Wetten auf jedes Ergebnis<br />

eines Spieles, Pferderennen oder sonst etwas abgeschlossen werden, sodass<br />

die Wettenden unabhangig davon, wofiir sie wetten, gewinnen, gleichgiiltig, wie<br />

das Ergebnis ausfallt. (Systeme, die diese Moglichkeit zulassen, werden „Dutch<br />

Books" genannt. Sie verletzen die Grundlagen der Wahrscheinlichkeitsrechnung.)<br />

Das Bayes-Theorem kann von den Grundlagen der Wahrscheinlichkeitsrechnung<br />

abgeleitet werden. Es ist in diesem Sinne unumstritten.<br />

Bisher wurde das bayessche Theorem vorgestellt, und es wurde versucht,<br />

aufzuzeigen, dass die Art, wie es die Veranderung der Wahrscheinlichkeit einer<br />

Hypothese in Abhangigkeit von Belegen beschreibt, einige einfache Grundannahmen<br />

zu der Bedeutung von Belegen fur <strong>Theorien</strong> explizit macht. Nun muss die<br />

Frage nach der Interpretation der jeweiligen Wahrscheinlichkeiten naher beleuchtet<br />

werden.

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