8 Theorien als Strukturen I - Moodle 2
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Auch Bedingung 2 weist gravierende Probleme auf. Sie beziehen sich auf die<br />
Frage, was <strong>als</strong> eine groBe Vielfalt von Bedingungen gelten kann. Was ware eine<br />
groBe Vielfalt von Bedingungen, unter denen die Ausdehnung von Metall durch<br />
Erhitzung untersucht werden soil? Muss die Art des Metalls, der Luftdruck und<br />
die Tageszeit variiert werden? Bei der ersten, moglicherweise auch bei der zweiten<br />
Bedingung lautet die Antwort,ja", bei der dritten jedoch „nein". Was ist der<br />
Grund dieser Antwort? Die Frage ist wichtig, soil die Liste von moglichen Variationen<br />
nicht unendlich erweitert werden, indem weitere Bedingungsvariationen,<br />
wie die LaborgroBe und die Farbe der Socken des Experimentators, hinzugefugt<br />
werden. Wenn solche „uberflussigen" Variationen nicht eliminiert werden konnen,<br />
sind die Bedingungen, unter denen ein Induktionsschluss akzeptiert werden kann,<br />
nie erflillt. Doch warum werden bestimmte Variationen <strong>als</strong> iiberfltissig angesehen?<br />
Die Antwort ist einfach: Wir berixcksichtigen unser vorhandenes Wissen uber die<br />
Situation, um zwischen den Faktoren zu unterscheiden, die das untersuchte System<br />
beeinflussen und denen, die dies nicht konnen. Es ist unser Wissen tiber Metalle<br />
und die Moglichkeiten auf sie einzuwirken, das uns zu der Erwartung fiihrt,<br />
dass ihr physikalisches „Verhalten" von der Art des Metalls und dem Luftdruck<br />
abhangt, aber nicht von der Tageszeit oder der Farbe der Socken des Experimentators.<br />
Wir nehmen unser momentanes Wissen zur Hilfe, um zu beurteilen, was<br />
eine relevante Bedingung ist, die variiert werden muss, um die Generalisierbarkeit<br />
eines untersuchten Effekts zu erforschen.<br />
Diese Reaktion auf die dargestellte Problematik ist sicher richtig. Sie stellt<br />
jedoch fur den Anspruch, dass wissenschaftliche Erkenntnis induktiv aus Tatsachen<br />
gewonnen werden soil, eine Schwierigkeit dar. Diese ergibt sich, wenn wir<br />
die Frage stellen, wie man auf dieses Wissen zuriickgreifen kann, wenn die Beurteilung<br />
der Relevanz bestimmter Bedingungen fur ein untersuchtes Phanomen<br />
(wie die Ausdehnung von Metall) selbst gerechtfertigt werden soil. Wenn wir<br />
fordem, dass Wissen durch Induktion gewonnen werden soil, taucht unser Problem<br />
wieder auf, weil die weiteren induktiven Argumente selbst einer Spezifikation<br />
der relevanten Bedingungen bediirfen und so weiter. Jedes induktive Argument<br />
enthalt einen Bezug auf vorhergehendes Wissen, das ein induktives Argument<br />
benotigt, um es zu belegen, was einen Bezug auf vorhergehendes Wissen<br />
enthalt, und so geht das in einer nie endenden Argumentationskette weiter. Die<br />
Forderung, dass alles Wissen durch Induktion belegt sein muss, wird zu einer<br />
Forderung, die nicht erfullt werden kann.<br />
Auch Bedingung 3 ist problematisch, weil kaum eine Form wissenschaftlicher<br />
Erkenntnis der Forderung gerecht wird, dass es keine Ausnahmen geben darf<br />
Dieser Aspekt wird ausftihrlich in Kapitel 7 diskutiert.<br />
4.5 Weitere Probleme des induktiven SchlieBens<br />
Wir wollen die Position, nach der wissenschaftliche Erkenntnis mittels einer Art<br />
induktiven SchlieBens aus beobachtbaren Tatsachen gewonnen werden soil,<br />
Induktivismus nennen, und diejenigen, die sich dieser Sichtweise verschrieben haben,<br />
Induktivisten. Es wurde bereits auf ein schwerwiegendes Problem hingewie-<br />
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