8 Theorien als Strukturen I - Moodle 2
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drehenden Rades geschleudert werden? Und wenn die Erde sich nicht nur dreht,<br />
sondern sich auch <strong>als</strong> Ganzes um die Sonne dreht, warum lasst sie dabei nicht den<br />
Mond hinter sich?<br />
Einige Argumente gegen Kopemikus beruhen auf astronomischen Uberlegungen,<br />
die bereits weiter oben erwahnt wurden. Sie beziehen sich auf das Ausbleiben<br />
der Parallaxe in den beobachteten Positionen der Sterne und auf die Tatsache,<br />
dass Mars und Venus, mit bloBem Auge betrachtet, ihre GroBe im Laufe des<br />
Jahres nicht nennenswert verandern.<br />
Aufgrund der genannten und ahnlicher Argumente sahen sich die Verfechter<br />
der kopernikanische Theorie mit emsthaften Schwierigkeiten konfrontiert. Kopernikus<br />
selbst war in der Tradition der aristotelischen Metaphysik groB geworden<br />
und fand so keine angemessenen Argumente zur Verteidigung seiner Theorie.<br />
Angesichts des Beweismateri<strong>als</strong> gegen Kopemikus fragt man sich, was im<br />
Jahre 1543 fur die kopernikanische Theorie sprach. „Nicht besonders viel", muss<br />
die Antwort lauten. Der hauptsachliche Vorteil der kopernikanischen Theorie lag<br />
in der Eleganz, mit der sie Besonderheiten der Planetenbewegungen erklarte, die<br />
mit der konkurrierenden ptolemaischen Theorie lediglich auf recht umstandhche<br />
Weise erklart werden konnten. Die Besonderheiten bestanden in der riickwarts<br />
gerichteten Bewegung der Planeten und der Tatsache, dass Merkur und Venus im<br />
Gegensatz zu den anderen Planeten stets in Sonnennahe verbleiben. Ein Planet<br />
unterbricht (von der Erde aus gesehen) seine westwarts gerichtete Bewegung<br />
inmitten der Sterne und wandert fiir eine kurze Zeit denselben Weg in ostliche<br />
Richtung zurtick, um dann seinen Weg in westlicher Richtung fortzusetzen. Im<br />
ptolemaischen System wurden riickwarts gerichtete Bewegungen durch speziell zu<br />
diesem Zweck konstruierte Epizykel erklart - ein Schachzug, der <strong>als</strong> ziemlich ad<br />
hoc bezeichnet werden muss. Im kopernikanischen System sind derartige ktlnstliche<br />
Bewegungen nicht notwendig. Eine riickwarts gerichtete Bewegung stellt eine<br />
nattirliche Folge der Tatsache dar, dass die Erde gemeinsam mit den Planeten vor<br />
dem Hintergrund der Fixsteme die Sonne umkreist. Eine ahnliche Erklarung gibt<br />
es zum Problem der gleichbleibenden Nahe von Merkur und Venus zur Sonne.<br />
Dies ist eine logische Folge des kopernikanischen Systems, wenn man sich einmal<br />
klargemacht hat, dass die Umlaufbahnen von Merkur und Venus sich innerhalb<br />
der Umlaufbahnen der Erde befmden. Im ptolemaischen System mussten die<br />
Umlaufbahnen der Sonne, des Merkurs und der Venus auf eine kiinstliche Art und<br />
Weise miteinander verbunden werden, um das erforderliche Resultat zu erhalten.<br />
Es gab <strong>als</strong>o bestimmte mathematische Eigenschaften der Theorie von Kopernikus,<br />
die zu jener Zeit fiir seine Theorie sprachen. Abgesehen davon waren die<br />
beiden rivalisierenden Systeme mehr oder weniger ebenbtirtig, soweit es das MaB<br />
an Einfachheit und die Ubereinstimmung mit Beobachtungen von Planetenpositionen<br />
betraf Kreisformige Umlaufbahnen, deren Mittelpunkt die Sonne darstellte,<br />
konnten nicht mit der Beobachtung in Ubereinstimmung gebracht werden,<br />
sodass Kopemikus, wie auch Ptolemaus, Epizykel hinzuziehen musste. Dabei<br />
mussten fiir beide Systeme etwa die gleiche Anzahl von Epizykeln angenommen<br />
werden, um Umlaufbahnen zu erhalten, die mit bekannten Beobachtungen im<br />
Einklang standen. Im Jahre 1543 konnte das Argument der mathematischen Einfachheit,<br />
das fur Kopemikus sprach, nicht <strong>als</strong> ein entsprechender Ausgleich zu den