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8 Theorien als Strukturen I - Moodle 2

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die Einsichten des Neuen Experimentalismus um einen aktualisierten Beitrag zur<br />

RoUe von <strong>Theorien</strong> in den experimentellen Wissenschaften zu erweitern, der sich<br />

auf detaillierte Fallstudien bezieht.<br />

Die folgenden historischen Reflexionen illustrieren die Schwierigkeiten der<br />

Neuen Experimentalisten, einige universelle Charakteristika oder Beschreibungen<br />

von Wissenschaft zu extrahieren. Gleichzeitig machen sie die Art von Studien<br />

deutlich, die ich mir zur Klarung des Zusammenhangs zwischen Theorie und<br />

Experiment vorstelle. Zur Zeit der wissenschaftlichen Revolution war die Idee, die<br />

Welt durch experimentelle Manipulation zu verstehen, keineswegs neu. Die<br />

Alchemie, im weitesten Sinne eher <strong>als</strong> Vorgangerin der modemen Chemie verstanden,<br />

die sich der Transformation von Materie widmete, im engeren Sinne <strong>als</strong><br />

Versuch, Metalle in Gold zu verwandeln, reicht zurtick bis in die Antike und erreichte<br />

ihre Bltitezeit im Mittelalter. In der Praxis war sie nicht besonders erfolgreich.<br />

Dieser mangelnde Erfolg kann jedoch nicht einfach auf das Fehlen der<br />

Theoriegeleitetheit zurtickgefuhrt werden. Eine Reihe von atomistischen und<br />

anderen <strong>Theorien</strong> zur Materie trug zur Arbeit der Alchemisten bei. Wenn man die<br />

Theorie ignoriert und einfach auf die experimentelle Praxis abhebt, kann man in<br />

der handwerklichen Tradition der Metallurgen und Hersteller von Arzneimitteln<br />

des 16. und 17. Jahrhunderts bedeutende Fortschritte erkennen. Das diesbeziigliche<br />

Wissen kann jedoch <strong>als</strong> qualitativ anders <strong>als</strong> das der im spaten 17. und im 18.<br />

Jahrhundert aufkommenden Chemie betrachtet werden. Letztere beinhaltet zwar<br />

„Theorie", diese war jedoch eine sehr niedrig anzusetzende und vom Atomismus<br />

weit entfemt. Was benotigt wurde, und was zu Beginn des 18. Jahrhunderts bereitgestellt<br />

wurde, ist ein Verstandnis chemischer Kombinationen und Rekombinationen<br />

von Substanzen, das die Idee beinhaltet, dass miteinander kombinierte<br />

Substanzen in der resultierenden Zusammensetzung weiter existieren und aus<br />

ihnen mittels geeigneter Manipulationen wieder extrahiert werden konnen. Die<br />

Einteilung von Substanzen in Sauren und Laugen sowie Salzen, die durch gegenseitige<br />

Neutralisation der ersten beiden entstehen, bot einen Weg, die Forschung<br />

so zu organisieren, dass ein Fortschritt ohne atomistische oder andere Materietheorien<br />

moglich war. Das 19. Jahrhundert war schon weit fortgeschritten, bevor<br />

die Zeit gekommen war, solche Spekulationen mit Experimenten zu verbinden. So<br />

ist die Frage nach der Rolle des Experiments in der Wissenschaft und seine Verbindung<br />

zur Theorie komplex und historisch gesehen relativ, selbst wenn wir die<br />

Diskussion auf die Chemie beschranken.<br />

Ich mochte mit einigen Anmerkungen zur Beziehung zwischen den hier ausgefiihrten<br />

Sichtweisen von Wissenschaft und der praktischen Arbeit von Wissenschaftlern<br />

schlieBen. Da ich abgestritten habe, dass es einen den Philosophen<br />

zuganglichen universellen Beitrag zur Wissenschaft gibt, der in der Lage ist, MaBstabe<br />

zur Beurteilung von Wissenschaft zur Verfugung zu stellen, und da ich<br />

argumentiert habe, dass ein angemessener Beitrag zu den verschiedenen Wissenschaften<br />

nur durch eine enge Bezugnahme auf die Wissenschaften selbst moglich<br />

ist, konnte die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die Sichtweisen von Wissenschaftsphilosophen<br />

uberflussig sind und dass nur die der Wissenschaftler selbst<br />

Konsequenzen hatten. Man konnte denken, dass ich, sofem ich erfolgreich meine<br />

Sache vertreten habe, mich selbst der Arbeit beraube. Dieser Schluss ist - zum

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