8 Theorien als Strukturen I - Moodle 2
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milde auszudriicken, bereiten der Status solcher Uberzeugungsgrade und die Frage,<br />
wie sie geschatzt werden sollen, ernsthafte Probleme.<br />
Wenden wir uns nun der Natur der „Befunde" im subjektiven Bayesianismus<br />
zu. Wir haben Befiinde <strong>als</strong> etwas behandelt, das in das bayessche Theorem eingesetzt<br />
wird, um Priorwahrscheinlichkeiten in Posteriorwahrscheinlichkeiten zu<br />
konvertieren. Wie die Diskussion in vorangegangenen Kapiteln dieses Buches<br />
deutlich gemacht haben sollte, sind Befunde jedoch in der Wissenschaft weit davon<br />
entfemt, einfach gegeben zu sein. Der Standpunkt Howsons und Urbachs<br />
(1989, S. 272) ist explizit und stimmt mit ihrer allgemeinen Herangehensweise<br />
tiberein.<br />
Die bayessche Theorie, die wir vorschlagen, ist eine Theorie des<br />
Schlussfolgems aus den Daten; wir sagen nichts dariiber aus, ob es<br />
richtig ist, die Daten anzuerkennen und ob man den Daten gegeniiber<br />
absolut verpflichtet ist. Vielleicht ist man es nicht - dann ware<br />
es toricht, ein derartiges Vertrauen in die Daten zu setzen, wie dies<br />
gegenwartig getan wird. Die bayessche Theorie der Unterstutzung<br />
besagt, dass die Anerkennung einer evidenten Behauptung <strong>als</strong> wahr<br />
den Glauben an eine Hypothese beeinflusst. Wie man dazu kommt,<br />
die Evidenz <strong>als</strong> wahr anzuerkennen, und ob es richtig ist, sie <strong>als</strong><br />
wahr anzuerkennen, ist eine Frage, die vom Standpunkt der Theorie<br />
aus urelevant ist.<br />
Dies ist mit Sicherheit eine vollig unannehmbare Position fur jemanden, der vorhat,<br />
ein Buch iiber wissenschaftliches Denken zu schreiben. Suchen wu* nicht ein<br />
Konzept dazu, was <strong>als</strong> angemessener Befund gelten kann? Sicher wird ein Wissenschaftler<br />
auf einen Untersuchungsbefund nicht reagieren, indem er den Wissenschaftler,<br />
der ihn erbracht, danach fragt, wie tiberzeugt er von diesem Befund<br />
ist. Er wird vielmehr Informationen zur Natur des Experiments, das den Befund<br />
erbracht hat, einholen sowie zu den VorsichtsmaBnahmen, die getroffen wurden,<br />
wie die Fehlerwahrscheinlichkeit geschatzt wurde usw. Erne gute Theorie der<br />
wissenschafllichen Methode ist sicher gefordert, einen Beitrag zu den Umstanden<br />
zu leisten, unter denen ein Befiind <strong>als</strong> angemessen gelten kann. Gleichzeitig sollte<br />
sie in der Lage sein, exakte Standards empirischer Arbeit zu bestimmen, nach<br />
denen sich wissenschaftliches Arbeiten richten sollte, Sicherlich haben experimentell<br />
arbeitende Wissenschaftler eine Reihe anderer Wege, minderwertige Arbeiten<br />
zuriickzuweisen, <strong>als</strong> sich auf subjektive LFberzeugungsgrade zu beziehen.<br />
Vor allem wenn sie sich mit Kritik auseinandersetzen, legen Howson und<br />
Urbach besonderen Wert darauf, dass beide, die Priorwahrscheinlichkeiten und die<br />
Befunde, die in das bayessche Theorem eingesetzt werden mtissen, subjektive<br />
LFberzeugungsgrade sind, die der subjektive Bayesianismus nicht weiter hinterfragt.<br />
Aber was bleibt dann von ihrer Position, die <strong>als</strong> Theorie der wissenschafllichen<br />
Methode bezeichnet werden kann? Was bleibt, ist ein Theorem der Wahrscheinlichkeitsrechnung.<br />
Gestehen wir Howson und Urbach zu, dass ihre Version<br />
des Bayesianismus tatsachlich ein der deduktiven Logik verwandtes Theorem ist,<br />
macht dieses groBztigige Zugestandnis die Grenzen ihrer Position deutlich. Ihre<br />
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