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8 Theorien als Strukturen I - Moodle 2

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musste dieses Bild in seinem frtihen quantentheoretischen Atommodell modifizieren,<br />

wo Elektronen einen zentralen, positiven Kern umkreisen, ohne, wie es von<br />

kreisenden geladenen Partikeln erwartet wurde, Strahlung abzugeben. Sie werden<br />

nun <strong>als</strong> quantenmechanische Entitaten mit der Spinquantenzahl /4 angesehen,<br />

verhalten sich unter entsprechenden Bedingungen wie Wellen und gehorchen eher<br />

der Fermi-Dirac-Statistik <strong>als</strong> der klassischen Statistik. Es liegt nahe, anzunehmen,<br />

dass man sich im Laufe dieser Geschichte auf ein und dieselben Elektronen bezogen<br />

und mit ihnen experimentiert hat, dass jedoch das Wissen tiber sie bestandig<br />

verbessert und korrigiert wurde, sodass es verniinftig erscheint, das Aufeinanderfolgen<br />

der <strong>Theorien</strong> tiber die Elektronen <strong>als</strong> eine Annaherung an die Wahrheit zu<br />

sehen. Hacking (1996) hat aufgezeigt, wie die Position der Realisten aus dieser<br />

Perspektive gestarkt werden kann. Er argumentiert, dass die Anti-Realisten unangemessen<br />

hohen Wert auf das, was beobachtet bzw. nicht beobachtet werden<br />

kann, legen, aber dem zu wenig Aufmerksamkeit widmen, was in der Wissenschaft<br />

praktisch beeinflusst werden kann. Er geht davon aus, dass in der Wissenschaft<br />

Entitaten <strong>als</strong> real gelten, wenn sie auf kontrolliertem Weg gehandhabt sowie<br />

dazu eingesetzt werden konnen, Wirkungen auf etwas anderes auszuuben.<br />

Positronenstrahlen konnen hergestellt und auf Targets gerichtet werden, um auf<br />

kontrolliertem Weg Effekte zu erzeugen. Wie konnen sie <strong>als</strong>o, bis auf die Tatsache,<br />

dass sie nicht beobachtbar sind, nicht real sein? „Wenn man sie verspriihen<br />

kann, sind sie real'' (Hacking, 1996, S. 47). Wenn dieses Kriterium angelegt wird,<br />

um zu beurteilen, ob etwas real ist, spricht das Beispiel zu den Lichtpartikeln und<br />

dem Ather nicht gegen den Realismus, weil von diesen Entitaten nicht durch<br />

praktische Manipulation festgestellt wurde, dass sie real sind.<br />

Es gibt Realisten, die den wissenschaftlichen Realismus <strong>als</strong> zu pointiert erachten<br />

und versuchen, ihn auf verschiedenen Wegen einzuschranken. Die Art des<br />

Realismus, der von Popper und seinen Anhangern vertreten wird, ist von dieser<br />

Art und kann <strong>als</strong> „Realismus der Vermutungen" bezeichnet werden. Dieser Realist<br />

betont die Fehlbarkeit unseres Wissens und ist sich der Tatsache wohl bewusst,<br />

dass uberholte <strong>Theorien</strong> und ihre Aussagen uber die Natur von Entitaten der Welt<br />

f<strong>als</strong>ifiziert und durch iiberlegenere <strong>Theorien</strong> ersetzt wurden, die die Realitat auf<br />

andere Art und Weise erklaren. Man kann nicht wissen, ob unsere momentan<br />

gultigen <strong>Theorien</strong> dieses Schicksal teilen werden. Der „mutmaBende" Realist behauptet<br />

daher weder, dass sich die momentan aktuellen <strong>Theorien</strong> <strong>als</strong> annaherungsweise<br />

wahr erweisen werden, noch, dass sie schltissig die Natur von Gegebenheiten<br />

dieser Welt identifizieren. Er schlieBt die Moglichkeit nicht aus, dass es dem<br />

Elektron ebenso ergehen wird, wie dem Ather. Nichtsdestotrotz wird behauptet,<br />

dass es das Ziel von Wissenschaft ist, die Wahrheit tiber das herauszufmden, was<br />

tatsachlich existiert, und dass <strong>Theorien</strong> danach bewertet werden mtissen, in welchem<br />

Umfang von ihnen gesagt werden kann, dass es ihnen gelingt, diese Zielvorstellung<br />

zu erfullen. Der „mutmaBende" Realist wird sagen, dass allein die Tatsache,<br />

dass wir von uberholten <strong>Theorien</strong> sagen konnen, dass sie f<strong>als</strong>ch sind, zeigt,<br />

dass wir eine klare Vorstellung von einem Ideal haben, das die vergangenen <strong>Theorien</strong><br />

nicht erreichten.<br />

Obwohl „mutmaBende" Realisten die Meinung vertreten, dass ihre Position<br />

die fruchtbarste flir die Wissenschaft ist, nehmen sie davon Abstand, sie <strong>als</strong> wis-<br />

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