8 Theorien als Strukturen I - Moodle 2
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Zustande, die eine zeitliche Dimension enthalten. Sie sind das, was Philosophen<br />
<strong>als</strong> sogenannte Einzelaussagen bezeichnen. Es sind Aussagen wie „Die Lange des<br />
Kupferstuckes vergroBerte sich, <strong>als</strong> es erhitzt wurde" oder „Das Lackmuspapier<br />
wurde rot, <strong>als</strong> es in einen Becher mit Hydrochloridsaure getaucht wurde". Nehmen<br />
wir an, wir hatten eine groBe Menge solcher Tatsachen <strong>als</strong> Basis zur Verfugung,<br />
auf deren Grundlage wir hoffen, zu wissenschaftlicher Erkenntnis zu gelangen.<br />
Welche Arten von Argumenten konnen wir aus solchen Tatsachen - <strong>als</strong> Pramissen<br />
- ableiten, um die angestrebten wissenschaftlichen Gesetze zu erhalten? Im Falle<br />
unseres Beispiels zur Ausdehnung von Metallen kann das Argument folgendermaBen<br />
schematisiert werden:<br />
Pramissen:<br />
1. Metall Xi dehnte sich aus, <strong>als</strong> es zum Zeitpunkt ti erhitzt wurde.<br />
2. Metall X2 dehnte sich aus, <strong>als</strong> es zum Zeitpunkt t2 erhitzt wurde.<br />
3. Metall X3 dehnte sich aus, <strong>als</strong> es zum Zeitpunkt t^ erhitzt wurde.<br />
Konklusion:<br />
Alle Metalle dehnen sich aus, wenn sie erhitzt werden.<br />
Das ist jedoch kein logisch valides Argument. Es trifft nicht zu, dass dann, wenn<br />
die Aussagen, die die Pramissen darstellen, wahr sind, auch die Konklusion wahr<br />
sein muss. Unabhangig davon, wie viele Beobachtungen sich ausdehnender Metalle<br />
wir vorliegen haben, wie groB auch immer <strong>als</strong>o das A^ in unserem Beispiel<br />
sein mag, es gibt keine logische Garantie, dass es nicht bestimmte Metalle gibt,<br />
die sich unter bestimmten Bedingungen zusammenziehen, wenn sie erhitzt werden.<br />
Es besteht kein Widerspruch, wenn sowohl gesagt wird, dass alle uns bekannten<br />
Beispiele, in denen Metalle erhitzt wurden, zu einer Ausdehnung fiihrten<br />
<strong>als</strong> auch, dass die Aussage „Alle Metalle dehnen sich aus, wenn sie erhitzt werden"<br />
f<strong>als</strong>ch ist.<br />
Dieser Punkt kann mit einem etwas grausamen Beispiel veranschaulicht werden,<br />
das Bertrand Russell zugeschrieben wird. Es bezieht sich auf einen Truthahn,<br />
der an seinem ersten Morgen auf der Truthahnfarm feststellte, dass er um neun<br />
Uhr morgens gefiittert wurde. Nachdem sich diese Erfahrung wahrend mehrerer<br />
Wochen wiederholt hatte, fuhlte sich der Truthahn sicher, den Schluss zu ziehen<br />
„Ich werde jeden Morgen um neun Uhr gefuttert". Leider stellt sich dieser Schluss<br />
auf eindeutige Art und Weise <strong>als</strong> f<strong>als</strong>ch heraus, <strong>als</strong> der Truthahn an Weihnachten<br />
statt gefuttert zu werden, den H<strong>als</strong> durchgeschnitten bekam. Das Argument des<br />
Truthahns fuhrte ihn von einer Reihe richtiger Beobachtungen zu einem f<strong>als</strong>chen<br />
Schluss, was die Ungiiltigkeit des Arguments aus der Sichtweise der Logik deutlich<br />
macht.<br />
Argumente, wie sie am Beispiel der Ausdehnung von Metall veranschaulicht<br />
wurden, die auf einer endlichen Anzahl von Beobachtungen beruhend zu allgemeinen<br />
SchlUssen ftihren, werden, in Abgrenzung zu logischen, deduktiven Argumenten,<br />
induktive Argumente genannt. Ein Charakteristikum induktiver Argumente,<br />
das sie von deduktiven Argumenten unterscheidet, liegt darin, dass sie Uber