8 Theorien als Strukturen I - Moodle 2
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14.2 Gesetze <strong>als</strong> RegelmaBigkeiten<br />
Eine tibliche Antwort auf die Frage „Was bringt Materia dazu, Gesetzen zu entsprechen?"<br />
ist, ihre Legitimitat zu leugnen. Die hier angesprochene Denkweise<br />
wurde von dem heute noch einflussreichen Philosophen David Hume vehement<br />
vertreten. Aus Humes Sicht ist es ein Fehler anzunehmen, dass gesetzmaBiges<br />
Verhalten durch irgendetwas verursacht wird. Tatsachlich stellt er das Konzept<br />
des Verursachungsprinzips in der Natur insgesamt infrage. Der Gedanke ist Folgender:<br />
Wenn wir zum Beispiel zwei Billardkugeln zusammenstoBen sehen, konnen<br />
wir ihre Bewegungen unmittelbar vor und unmittelbar nach dem Zusammenprall<br />
sehen, und eventuell eine RegelmaBigkeit des Zusammenhangs zwischen den<br />
Geschv^indigkeiten vor und nach dem Au:^rall erkennen. Was wir jedoch nie<br />
sehen konnen, ist die Verursachung dieser RegelmaBigkeit. Aus dieser Perspektive<br />
ist Verursachung nichts anderes <strong>als</strong> ein regelmaBiges Zusammentreffen von Ereignissen.<br />
Gesetze konnen die Form „Ereignisse des Typs A hangen unvermeidbar<br />
zusammen mit Ereignissen des Typs B oder gehen diesen voraus" annehmen.<br />
Galileis Fallgesetz wtirde dann zum Beispiel folgendermaBen lauten: „Immer<br />
wenn ein schweres Objekt in der Nahe der Erdoberflache losgelassen wird, fallt es<br />
mit gleichbleibender Beschleunigung zur Erde". Das ist das Prinzip der Regelma<br />
Bigkeit von Gesetzen. Nichts bewegt Materie dazu, sich Gesetzen entsprechend zu<br />
verhalten, wie Gesetze nichts anderes sind <strong>als</strong> de facto auftretende RegelmaBigkeiten<br />
von Ereignissen.<br />
Ein Standardeinwand gegen das Prinzip der RegelmaBigkeit von Gesetzen ist,<br />
dass es nicht zwischen zufalligen und gesetzesartigen RegelmaBigkeiten unterscheidet.<br />
Popper zieht <strong>als</strong> Beispiel die Aussage „Kein Moa lebt langer <strong>als</strong> 50 Jahre"<br />
heran. Es ist gut moglich, dass kein Moa, eine inzwischen ausgestorbene Spezies,<br />
langer <strong>als</strong> 50 Jahre gelebt hat, aber bei einigen, die gUnstigere Umgebungsbedingungen<br />
gehabt hatten, mag dies durchaus der Fall gewesen sein, sodass wir<br />
geneigt sind, diese Generalisierung nicht <strong>als</strong> Naturgesetz gelten zu lassen. Dennoch<br />
qualifiziert sie sich durch ihre ausnahmslose RegelmaBigkeit <strong>als</strong> Gesetz. Es<br />
mag wohl sein, dass die Londoner Arbeiter immer, wenn die Fabriksirene am<br />
Ende eines Arbeitstages in Manchester heult, ihre Werkzeuge zur Seite legen.<br />
Dennoch qualifiziert sich dieser Vorgang, auch wenn er ohne Ausnahmen regelmaBig<br />
stattfmdet, kaum <strong>als</strong> Naturgesetz. Beispiele wie dieses gibt es im Uberfluss<br />
und sie legen nahe, dass Gesetze mehr sind <strong>als</strong> reine RegelmaBigkeit. Ein anderes<br />
Problem des Prinzips der RegelmaBigkeit besteht darin, dass es nicht in der Lage<br />
ist, die Richtung kausaler Abhangigkeiten zu identifizieren. Es gibt ein regelmaBiges<br />
Zusammentreffen zwischen dem Rauchen und dem Auftreten von Lungenkrebs,<br />
aber das ist so, weil Rauchen Lungenkrebs verursacht und nicht umgekehrt.<br />
Wir konnen daher hoffen, das Auftreten von Krebs zu verringern, indem wir das<br />
Rauchen verhindem. Nicht zu erhoffen ist jedoch, dass das Rauchen dadurch<br />
bekampft werden kann, dass wu* ein Mittel gegen Krebs fmden. Das Auftreten von<br />
RegelmaBigkeiten von Ereignissen ist keine hinreichende Bedingung daftir, dass<br />
RegelmaBigkeiten Gesetze darstellen, weil gesetzmaBiges Verhalten mehr ist <strong>als</strong><br />
reine RegelmaBigkeit.