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8 Theorien als Strukturen I - Moodle 2

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Bin zweites Beispiel unterstutzt diese Sichtweise. Buchwalds (1989) detaillierte<br />

Studie der Karriere von Heinrich Hertz zeigt auf, wie stark Hertz anstrebte,<br />

neuartige experimentelle Effekte zu erlangen. Einige seiner Versuche, dies zu<br />

erreichen, fanden keine allgemeine Akzeptanz. Es ist nicht schwer festzustellen,<br />

warum dies so war. Hertz wurde mit dem Elektromagnetismus durch Helmholtz<br />

vertraut gemacht und sah Elektromagnetismus aus der Sicht der helmholtzschen<br />

Theorie, die nur eine von vielen gangigen Ansatzen zum Elektromagnetismus war<br />

(die Hauptaltemativen waren die von Weber und Maxwell). Dass die experimentellen<br />

Entdeckungen von Hertz neuartige Effekte erbrachten, konnte nur gewtirdigt<br />

und verteidigt werden, wenn auch die Details der von ihm in seinen Experimenten<br />

eingebrachten theoretischen Interpretationen gewtirdigt und verteidigt wurden.<br />

Diese Ergebnisse waren hochgradig theorieabhangig und genau darin, so mag ein<br />

neuer Experimentalist argumentieren, liegt der Grund, dass sie nicht allgemein <strong>als</strong><br />

etwas anerkannt wurden, das neuartige Effekte erbringt. Das anderte sich, <strong>als</strong><br />

Hertz seine elektrischen Wellen produziert hatte. Dass es solche Wellen gab,<br />

konnte unabhangig von einer zugrundeliegenden Theorie demonstriert werden.<br />

Hertz war in der Lage, diesen neuen Effekt kontrolliert herzustellen. Er stellte<br />

stehende Wellen her und wies nach, dass kleine Funkendetektoren an den Schwingungsbauchen<br />

maximale Funkenbildung zeigten, wahrend an den Schwingungsknoten<br />

keine Funkenbildung zu registrieren war. Wie Buchwald bei eigenen Versuchen<br />

feststellte, war dies keineswegs leicht zu erreichen, noch waren die Resultate<br />

einfach zu reproduzieren. Es wird jedoch nicht behauptet, dass Experimente<br />

einfach seien. Es soil lediglich die Tatsache festgehalten werden, dass Experimente,<br />

die die Existenz eines neuen experimentell produzierten Effekts demonstrieren,<br />

ohne RUckgriff auf die eine oder andere konkurrierende Theorie gewurdigt<br />

werden konnen. Das ergibt sich schon aus der Geschwindigkeit, mit der<br />

Hertz' Wellen akzeptiert wurden.<br />

Die Herstellung kontrollierter experimenteller Effekte und deren Wiirdigung<br />

sind ohne komplexe <strong>Theorien</strong> moglich. Ebenso kann ein Neuer Experimentalist<br />

auf Experimentatoren zur Verfiigung stehende Strategien hinweisen, die sich nicht<br />

auf komplexe <strong>Theorien</strong> beziehen. Betrachten wir zum Beispiel, welche Argumente<br />

ein Experimentator dafiir vorbringen wtirde, dass eine bestimmte Beobachtung, die<br />

mittels eines Instruments vorgenommen wurde, kein Artefakt, sondem etwas<br />

Reales ist. Hackings (1996, S. 309ff.) Schilderungen des Einsatzes des Mikroskops<br />

illustrieren dies gut. Ein kleines Gitter mit beschrifteten Quadraten wird auf<br />

ein Sttick Glas geatzt und im weiteren Verlauf fotografisch so stark verkleinert,<br />

dass es nicht mehr sichtbar ist. Wird dieses Gitter durch ein Mikroskop betrachtet,<br />

wird es mit den Beschriftungen sichtbar. Bereits das ist ein entscheidender Indikator<br />

dafiir, dass ein Mikroskop zuverlassig vergroBert - ein Argument, das iibrigens<br />

nicht auf einer Theorie beruht, wie das Mikroskop funktioniert. Stellen wir<br />

uns nun einen Biologen vor, der ein Elektronenmikroskop benutzt, um rote Blutkorperchen<br />

zu betrachten, die auf unserem Gitter aufgebracht wurden. (Hier berichtet<br />

Hacking einen aktuellen Ausschnitt aus einer Begebenheit, die ihm ein<br />

Wissenschaftler erzahlte.) Einige dichte Korper konnen innerhalb der Zelle beobachtet<br />

werden. Der Wissenschaftler fragt sich, ob diese Korper tatsachlich im Blut<br />

vorhanden sind oder ob es sich um ein Artefakt des Mikroskops handelt. (Er ver-

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