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8 Theorien als Strukturen I - Moodle 2

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eziehen oder auf den Zusammenhang zwischen der Flut und dem Stand der<br />

Sonne und des Mondes. Es gibt weitaus mehr Moglichkeiten, die Theorie von<br />

Newton zu f<strong>als</strong>ifizieren <strong>als</strong> die keplersche. Und trotzdem konnte sich die newtonsche<br />

Theorie den F<strong>als</strong>ifikationsversuchen widersetzen und damit ihre Uberlegenheit<br />

liber die keplersche Theorie beweisen.<br />

Hoch f<strong>als</strong>ifizierbare <strong>Theorien</strong> sollten weniger f<strong>als</strong>ifizierbaren vorgezogen<br />

werden, vorausgesetzt, sie werden nicht tatsachlich f<strong>als</strong>ifiziert. Diese Voraussetzung<br />

ist fur den F<strong>als</strong>ifikationisten entscheidend. <strong>Theorien</strong>, die f<strong>als</strong>ifiziert werden,<br />

miissen grundsatzlich zurtickgewiesen werden. Wissenschaft besteht darin, hoch<br />

f<strong>als</strong>ifizierbare Hypothesen vorzuschlagen sowie hartnackig und bewusst zu versuchen,<br />

sie zu f<strong>als</strong>ifizieren. Um Popper (2000, S. 337) zu zitieren:<br />

Ich will daher geme zugeben, dass F<strong>als</strong>ifikationisten wie ich es vorziehen<br />

zu versuchen, ein interessantes Problem durch eine ktihne<br />

Hypothese zu losen, statt einen Katalog von irrelevanten Binsenwahrheiten<br />

zusammenzustellen, auch dann, wenn der Versuch sich<br />

<strong>als</strong> schwierig erweist, oder geradezu <strong>als</strong> ein Fehlschlag. Wir Ziehen<br />

das vor, weil wir glauben, dass dies der Weg ist, um aus unseren<br />

Fehlern zu lemen; und dass wir durch die Entdeckung, dass unsere<br />

Vermutung f<strong>als</strong>ch ist, viel uber die Wahrheit gelemt haben und ihr<br />

nahergekommen sind. (Hervorhebungen i. Orig.)<br />

Wir lernen aus unseren Fehlern. Der Fortschritt der Wissenschaft ist durch Versuch<br />

und Irrtum bedingt. Da die Ableitung universeller Gesetze und <strong>Theorien</strong> aus<br />

Beobachtungsaussagen <strong>als</strong> nicht moglich nachgewiesen wurde, jedoch die Deduktion<br />

ihrer F<strong>als</strong>chheit logisch moglich ist, wurden F<strong>als</strong>ifikationen die wichtigsten<br />

Meilensteine, die aufsehenerregendsten Leistungen und entscheidendsten Momente<br />

in der Entwicklung von Wissenschaft. Die Betonung der F<strong>als</strong>ifikation vom<br />

Standpunkt des eher extremen F<strong>als</strong>ifikationismus aus, die vielleicht unserer Intuition<br />

zunachst zuwiderlauft, wird in den spateren Kapiteln kritisiert.<br />

Da Wissenschaft <strong>Theorien</strong> mit einem groBen Informationsgehalt anstrebt, begriiBen<br />

es die F<strong>als</strong>ifikationisten, dass man ktihne und spekulative Vermutungen<br />

anstellt. Es miissen unbesonnene Spekulationen angeregt werden, vorausgesetzt,<br />

dass sie f<strong>als</strong>ifizierbar sind und zurtickgewiesen werden, sobald sie f<strong>als</strong>ifiziert<br />

werden. Diese Alles-oder-Nichts-Forderung steht im Widerspruch zu dem behutsamen<br />

Vorgehen, das von dem extremen Induktivisten vertreten wird. Letzterer<br />

lasst in der Wissenschaft lediglich solche <strong>Theorien</strong> zu, die <strong>als</strong> wahr oder wahrscheinlich<br />

wahr dargestellt werden konnen. Demnach sollten wir liber gegenwartig<br />

vorliegende Resultate aus Experimenten nur so weit hinausgehen, <strong>als</strong> uns dies<br />

legitime Induktionen erlauben. Im Gegensatz dazu erkennt der F<strong>als</strong>ifikationist die<br />

Begrenztheit der Induktion und die Theorieabhangigkeit von Beobachtung an. Die<br />

Geheimnisse der Natur konnen nur mithilfe von differenzierten und kreativen<br />

<strong>Theorien</strong> aufgedeckt werden. Je groBer die Zahl der vorgeschlagenen <strong>Theorien</strong> ist,<br />

die mit der Realitat der Welt konfrontiert werden und je spekulativer solche Vermutungen<br />

sind, umso groBer sind die Chancen flir entscheidende Fortschritte in<br />

der Wissenschaft. Es besteht keine Gefahr eines Zuviels an spekulativen <strong>Theorien</strong>,<br />

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