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8 Theorien als Strukturen I - Moodle 2

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Es folgen einige Beispiele aus der Geschichte der Astronomie, die diesen<br />

Punkt veranschaulichen.<br />

In einem oben angefiihrten Beispiel diskutierten wir, wie Newtons Theorie<br />

scheinbar aufgrund der Umlaufbahn des Planeten Uranus widerlegt wurde. In<br />

diesem Fall stellte sich heraus, dass nicht die Theorie f<strong>als</strong>ch war, sondem die<br />

Beschreibung der Anfangsbedingungen, die den zu der Zeit noch nicht entdeckten<br />

Planeten Neptun auBer Betracht lieB. Ein zweites Beispiel befasst sich mit dem<br />

Einwand des danischen Astronomen Tycho Brahe, der den Anspruch erhob, einige<br />

Jahrzehnte nach der erstmaligen Publikation der kopemikanischen Theorie, diese<br />

widerlegt zu haben. Wenn die Erde die Sonne umkreist, so argumentierte Brahe,<br />

dann musste sich die Richtung, aus der ein Fixstem von der Erde beobachtet wird,<br />

im Laufe des Jahres in dem MaBe verandem, wie sich die Erde von einer Seite der<br />

Sonne zur anderen bewegt. Aber <strong>als</strong> Brahe versuchte, diese vorhergesagte Parallaxe<br />

mit seinen Instrumenten nachzuweisen, misslang ihm dies, obgleich seine<br />

Instrumente zu den prazisesten und empfmdlichsten zahlten, die es zu jener Zeit<br />

gab. Brahe zog daraus den Schluss, dass die kopernikanische Theorie f<strong>als</strong>ch sei.<br />

Im Nachhinein darf angenommen werden, dass es nicht die kopernikanische Theorie<br />

war, die fur die f<strong>als</strong>che Vorhersage verantwortlich war, sondem eine der<br />

Hilfshypothesen von Brahe. Brahe schatzte die Entfemung der Fixsteme <strong>als</strong> viel<br />

zu gering ein. Wenn seine Schatzung durch eine realistischere ersetzt wird, dann<br />

stellt sich die vorhergesagte Parallaxe <strong>als</strong> zu gering heraus, <strong>als</strong> dass sie mit den<br />

Instrumenten von Brahe hatte entdeckt werden konnen.<br />

Ein drittes Beispiel ist rein hypothetisch. Es wurde von Lakatos (1974, S.<br />

98f.) konstruiert und lautet wie folgt:<br />

Die Geschichte betrifft einen imaginaren Fall planetarischer Unart.<br />

Ein Physiker in der Zeit vor Einstein nimmt Newtons Mechanik und<br />

sein Gravitationsgesetz A^ sowie die akzeptierten Randbedingungen<br />

A und berechnet mit ihrer Hilfe die Bahn eines eben entdeckten<br />

kleinen Planeten p. Aber der Planet weicht von der berechneten<br />

Bahn ab. Glaubt unser Newtonianer, dass die Abweichung von<br />

Newtons Theorie verboten war und dass ihr Beweis die Theorie A^<br />

widerlegt? - Keineswegs. Er nimmt an, dass es einen bisher unbekannten<br />

Planeten p' gibt, der die Bahn von p stort. Er berechnet<br />

Masse, Bahn etc. dieses hypothetischen Planeten und ersucht dann<br />

einen Experimentalastronomen, seine Hypothese zu uberprtifen.<br />

Aber der Planet p' ist so klein, dass selbst das groBte vorhandene<br />

Teleskop ihn nicht beobachten kann: Der Experimentalastronom beantragt<br />

einen Forschungszuschuss um ein noch groBeres Teleskop<br />

zu bauen. In drei Jahren ist das Instrument fertig. Wird der unbekannte<br />

Planet p' entdeckt, so feiert man diese Tatsache <strong>als</strong> einen<br />

neuen Sieg der Newtonschen Wissenschaft. - Aber man fmdet ihn<br />

nicht. Gibt unser Wissenschaftler Newtons Theorie und seine Idee<br />

des storenden Planeten auf? - Nicht im Mindesten! Er mutmaBt nun,<br />

dass der gesuchte Planet durch eine kosmische Staubwolke vor<br />

unseren Augen verborgen wird. Er berechnet Ort und Eigenschaften<br />

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