Download des User-Magazins, Sonderausgabe - GamersGlobal
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Anrede, da dieser Artikel keine Moralpredigt ist und<br />
ich mich selbst nicht von den vielen gestellten<br />
Fragen ausnehme.<br />
Seit einiger Zeit frage ich mich,<br />
warum es – nach Aussage der<br />
Entwickler immer „realistischere“ –<br />
Einzelspielerkampagnen gibt,<br />
durch die der Spieler zum Soldaten<br />
wird und in den Krieg zieht.<br />
Innerhalb der letzten Monate hat<br />
sich in mir ein recht<br />
undefinierbares Störgefühl<br />
entwickelt: Warum übt auch dieses<br />
Gameplay eine gewisse<br />
Faszination aus, statt<br />
Fassungslosigkeit entstehen zu<br />
lassen? Was ist besonders für<br />
männliche <strong>User</strong> so ansprechend an der oft zitierten<br />
Ästhetik <strong>des</strong> Krieges, an Panzern oder<br />
Maschinengewehren? Weshalb begeistert so viele<br />
Spieler die scheinbare Macht und die „grandiose<br />
Soundkulisse“ eines Battlefield-Spiels, obwohl so gut<br />
wie alle <strong>User</strong> einerseits gar nicht wissen, wie sich<br />
Krieg tatsächlich „anhört“, und anderseits im „echten<br />
Leben“ vor Angst das Weite suchen würden oder<br />
völlig geschockt wären.<br />
Wir nehmen als Spieler an etwas teil, das im wahren<br />
Leben immer eine Katastrophe darstellt. Krieg und<br />
kriegsähnliche Zustände verursachen Tod und<br />
Zerstörung, Angst und Schrecken sowie nicht<br />
greifbare Folgen und so viel mehr, das<br />
unauslöschlich in den Köpfen aller Betroffenen<br />
eingebrannt ist. Reicht es wirklich aus, sich als<br />
Entwicklerstudio und Spieler darauf zu berufen, dass<br />
„ja alles nur ein Spiel ist“? Machen sich sowohl die<br />
Entwickler als auch wir als <strong>User</strong> es sich vor diesem<br />
Hintergrund nicht etwas zu einfach? Natürlich<br />
existieren Gewalt sowie deren Ursprünge und Folgen<br />
beispielsweise seit jeher in der Film- und<br />
Spielebranche. Die Entwicklung der letzten Jahre bei<br />
den erwähnten Computer- und Videospielen geht<br />
jedoch in eine Richtung, bei der die Grenzen<br />
zwischen fiktiver und möglichst realistischer<br />
Darstellung immer stärker ineinander übergehen<br />
sowie von den Entwicklern eigentlich gar nicht mehr<br />
gesehen werden wollen. Ist man zudem in einem<br />
Brennende und unter Beschuss stehende Städte – wir sehen es, aber<br />
nehmen wir solche Eindrücke während <strong>des</strong> Spielens auch wahr<br />
(Konzeptgrafiken zu Battlefield 3)?<br />
entsprechenden Film „nur“ passiver Zuschauer ohne<br />
Einfluss auf die Handlung, wird man beim Spielen<br />
der als realistisch beworbenen Titel immer mehr zum<br />
aktiven Befehlsausführer.<br />
Wollen wir den virtuellen Krieg<br />
nicht wahrnehmen?<br />
In diesem Zusammenhang kam mir die Überlegung,<br />
dass wir zwar sehen, was beispielsweise in einem<br />
Call of Duty-Spiel vor sich geht, das tatsächliche<br />
Geschehen von uns jedoch unbewusst nicht<br />
wahrgenommen wird. Schließlich sind wir damit<br />
beschäftigt, eine Mission erfolgreich zu Ende zu<br />
bringen und nicht zu versagen. Dass wir in deren<br />
Verlauf vielleicht als Scharfschütze mehrere<br />
(natürlich völlig fehlgeleitete) Gegner mit gezielten<br />
Kopfschüssen niederstrecken oder uns durch<br />
zerbombte Häuserschluchten kämpfen, ist dabei nur<br />
Nebensache oder – im wahrsten Sinne <strong>des</strong> Wortes –<br />
schmücken<strong>des</strong> Beiwerk. All das, was keiner von uns<br />
auch nur ansatzweise erleben möchte, wird natürlich<br />
ausgeblendet. Das liegt jedoch nicht nur am <strong>User</strong>,<br />
sondern zu einem Großteil an den Spielen, die es<br />
gar nicht ermöglichen, sich intensiver mit der<br />
jeweiligen Szenerie zu beschäftigen oder den Spieler<br />
Lesestoff 2011 Warum ziehen wir in den Krieg? Seite 164 von 250