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Oder: Welchen Mehrwert hat die Mehrsprachig - IMIS - Universität ...

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Literalität im Arabischen in Aus- und Einwanderungskontexten<br />

im Koran unterwiesen. Sie findet es für den Schulerfolg besser, möglichst viel<br />

zu verstehen, und nicht einfach auswendig zu lernen.<br />

Diese modernen Einstellungen zum Lernen stehen für sie nicht im Widerspruch<br />

zu ihrer Religiosität. Sie sagt, dass sie – wie alle in ihrer Familie –<br />

viel im Koran liest und auch betet. Die Großmutter betont, wie wichtig es ist,<br />

dass sich <strong>die</strong> Eltern um <strong>die</strong> religiöse Erziehung der Kinder kümmern. Leila<br />

findet den Koran leichter als <strong>die</strong> anderen arabischen Bücher.<br />

Im Fall der Schülerin Leila scheint sich ein Gleichgewicht zwischen unterschiedlichen<br />

kulturellen Orientierungen etabliert zu haben: Auf der einen<br />

Seite stehen moderne Einstellungen zum Lernen und <strong>die</strong> Bevorzugung des<br />

Französischen als Instrument sozialer Mobilität, während in der religiösen<br />

Praxis traditionelle Verhaltensweisen weiterbestehen.<br />

Ein Blick auf <strong>die</strong> schriftliche Fassung ihres Märchens zeigt weitere kulturelle<br />

Orientierungen: Sie gehört zu einer großen Gruppe von Schüler_innen<br />

aus Berkane, <strong>die</strong> ihre Erzählung im marokkanischen Arabisch verfasst haben.<br />

Obwohl <strong>die</strong>se Entscheidung durch <strong>die</strong> Feldassistentin ermutigt wurde, ist sie<br />

keineswegs naheliegend: Marokkanisches Arabisch wird weitgehend aus allen<br />

Domänen des Schriftgebrauchs ausgeschlossen, obwohl es im mündlichen<br />

Diskurs auch in formelleren Situationen durchaus akzeptiert wird. Der<br />

Vorschlag, in marokkanischem Arabisch zu schreiben, war nur möglich als<br />

eine Art Experiment – außerhalb des regulären Unterrichts und auf Wunsch<br />

seltsamer Ausländer, <strong>die</strong> einerseits ein hohes Ansehen genossen, andererseits<br />

als Sonderlinge galten.<br />

Abbildung 2: Leilas Text (marokkanisches Arabisch)<br />

2a<br />

1<br />

Leilas schriftlicher Text ist eine gute Nacherzählung des Märchens, obwohl<br />

gegen Ende <strong>die</strong> Kohärenz der Geschichte verlorengeht. Sie greift auf Prinzipien<br />

der von ihr in der Schule gelernten Orthographie zurück, <strong>die</strong> wir – im<br />

Anschluss an Myers-Scotton 34 – als schriftkulturelle Matrix bezeichnen 35 , um<br />

34 Carol Myers-Scotton, Duelling Languages. Grammatical Structure in Codeswitching,<br />

Oxford 1993.<br />

35 Zur Diskussion <strong>die</strong>ses Konzepts vgl. Maas/Mehlem, Schriftkulturelle Ressourcen<br />

und Barrieren bei marokkanischen Kindern in Deutschland, S. 20–22; <strong>die</strong>s., Schrift-<br />

2b<br />

33

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