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Oder: Welchen Mehrwert hat die Mehrsprachig - IMIS - Universität ...

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Literalität im Arabischen in Aus- und Einwanderungskontexten<br />

5.2 Literalität im Arabischen in der Bildungsarbeit<br />

mit marokkanischen Frauen in Deutschland<br />

Innerhalb des Elternvereins gab es auch einen Gesprächskreis marokkanischer<br />

Frauen, der sich einmal pro Woche traf. Das Ziel <strong>die</strong>ses Zirkels war es,<br />

<strong>die</strong> islamische Religion zu stu<strong>die</strong>ren und gleichzeitig Leseübungen des Koran<br />

zu praktizieren. Eine unserer Feldassistentinnen, Mina Zinify, war bei einigen<br />

Treffen zugegen. 40<br />

Diese Treffen können als eine neue Form eines Leseevents beschrieben<br />

werden, das sich unter spezifischen Diasporabedingungen entwickelt <strong>hat</strong>: 1)<br />

Die Architektur der Moschee ließ einen separaten Raum für Frauen, der<br />

gleichzeitig mit dem Hauptraum verbunden wäre, nicht zu. Daher konnten<br />

<strong>die</strong> Frauen nicht am religiösen Dienst der Männer teilnehmen, noch nicht<br />

einmal aus einem abgeschlossenen Bereich heraus. Sie waren also gezwungen,<br />

das Gebet und andere religiöse Handlungen für sich selbst anderweitig<br />

zu organisieren. 2) Die Diasporasituation verlangte eine Entscheidung darüber,<br />

welche Praktiken mit dem Islam vereinbar sind und welche nicht. Als<br />

Muslime in einer deutschen Stadt von ca. 600.000 Einwohnern waren <strong>die</strong>se<br />

Frauen mit vielen Fragen konfrontiert: Wie soll ein untadeliges Verhalten<br />

aussehen? Wie sollen ihre Kinder unterrichtet werden? Wie sollen sie sich<br />

Nicht-Muslimen gegenüber verhalten? Sie brauchten Antworten, <strong>die</strong> ihnen<br />

ihre Männer oder Verwandte allein und im häuslichen Kontext nicht geben<br />

konnten, sondern nur weibliche Autoritäten des religiösen und öffentlichen<br />

Lebens. Diese beiden voneinander unabhängigen Gründe führten zu einer<br />

neuen Praktik <strong>die</strong>ser Frauen, <strong>die</strong> in gewisser Hinsicht zwar traditionell war,<br />

auf der anderen Seite aber sehr modern, selbst im Vergleich mit den Verhältnissen<br />

in Marokko. 41<br />

Marokkanische und andere Frauen, <strong>die</strong> alle über unterschiedliche<br />

mündliche und schriftliche Sprachkompetenzen verfügten, trafen sich in <strong>die</strong>sem<br />

Zirkel. In unserem Bericht haben wir fünf charakteristische Gruppen beschrieben:<br />

1. Einige wenige der Frauen sind in der Lage, einen längeren Paragraphen<br />

im Koran zu lesen, niederzuschreiben oder auswendig zu rezitieren. Sie<br />

können ebenso einen erklärenden Kommentar in Bezug auf einen Vers<br />

40 Die erste Version des Berichts von <strong>die</strong>sen Treffen wurde auf Französisch im Rahmen<br />

des Programms CONNECT (23-IT-039) im November 2000 erstellt, vgl. Carine Dejean<br />

u.a., Femmes marocaines immigrées (ou issues de l’immigration) en Europe. Bibliographie<br />

analytique et premiers résultats de l‘enquête, Osnabrück 2000.<br />

41 Erst in den letzten 20 Jahren <strong>hat</strong> sich in Marokko eine Bewegung zur Massenalphabetisierung<br />

entwickelt, in der religiöse Verbände neben anderen Nichtregierungsorganisationen<br />

eine große Rolle spielen; vgl. Ahmed Boukous/Fatima Agnaou: Alphabetisation<br />

et development durable au Maroc: Réalité et perspectives, Rabat 2001.<br />

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