Oder: Welchen Mehrwert hat die Mehrsprachig - IMIS - Universität ...
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Historischer Blick auf den Fremdsprachenunterricht in der Grundschule<br />
Die Schriftsprache als Selektionsinstrument wurde seit Einführung des<br />
frühen Fremdsprachenunterrichts als ein gewichtiges Argument für deren<br />
Ablehnung im Grundschulfremdsprachenunterricht angeführt. Abgeleitet<br />
wurde <strong>die</strong>s aus den Lernzielen und -inhalten der Spezialschulen osteuropäischer<br />
Länder und der DDR sowie aus Auslandsschulen, deren progressiver<br />
Umgang mit der Schriftsprache im Grundschulfremdsprachenunterricht eine<br />
Elitebildung anstrebte. 43<br />
Die Diskussion zur Funktion der Schriftsprache als Selektionsinstrument<br />
<strong>hat</strong> in jüngster Zeit mit der bildungspolitischen Entscheidung einiger<br />
Bundesländer, Fremdsprachenleistungen zu benoten, eine neue Bedeutung<br />
erhalten. Schrift als Mittel zur Lernstandsüberprüfung wird sehr kritisch und<br />
als nachteilig für den Fremdsprachenlernprozess gesehen, insbesondere<br />
dann, wenn sich der Schwerpunkt des Unterrichts auf den schriftlichen<br />
Sprachgebrauch verlagert. Besonders Kinder, <strong>die</strong> Alphabetisierungsprobleme<br />
in Deutsch haben, wären in ungerechtfertigter Weise benachteiligt. Deshalb<br />
wird angemahnt, dass <strong>die</strong> Schriftsprache kein Instrument zur Überprüfung<br />
von Kenntnissen sein darf. 44 Die Praxis zeigt aber, dass <strong>die</strong> unterschiedlichen<br />
Auffassungen über Schrift im Fremdsprachenunterricht in den verschiedenen<br />
Schultypen, aber auch unter den Lehrenden einer Schulform zu Verunsicherungen<br />
im Umgang mit Schrift führen. Im Zweifelsfall führen sie Schrift aus<br />
›Angst‹, etwas zu versäumen, eher zu früh als zu spät ein. 45<br />
Die ablehnende Haltung zur Schrift im Fremdsprachenlernen wurde in<br />
den Anfängen des Fremdsprachenunterrichts in der Grundschule insbesondere<br />
auch von der Deutschdidaktik gestärkt, obwohl bereits seit den 1970er<br />
Jahren in Untersuchungen festgestellt wurde, dass das Lernen einer Fremdsprache<br />
keinen negativen Einfluss auf Deutsch und <strong>die</strong> anderen Fächer der<br />
Grundschule <strong>hat</strong>. Im Gegenteil, <strong>die</strong> Muttersprache und eine Fremdsprache<br />
können sich gegenseitig positiv befördern. Das belegten <strong>die</strong> Ergebnisse einer<br />
Stu<strong>die</strong> mit polnischen Vorschulkindern: <strong>die</strong> Einführung des Lesens in der<br />
Fremdsprache im Kindergarten beschleunigte den Prozess des Verstehens<br />
und Sprechens der Fremdsprache, auch wenn das Lesen in der Erstsprache<br />
ebenfalls erst am Anfang stand. 46 Im Zusammenhang mit dem Beginn des<br />
Fremdsprachenlernens in Klasse 1 forderten in den 1990er Jahren auch<br />
43 Wolfgang Müller, Gedanken zum Fremdsprachenerwerb in ›historisch-vergleichender<br />
Sicht‹, in: Gompf (Hg.), Kinder lernen europäische Sprachen, S. 16–21, hier S. 21.<br />
44 Rück, Lesen und Schreiben beim Früherwerb, S. 72.<br />
45 Duscha, Der Einfluss der Schrift, S. 170.<br />
46 D.W. Dlugosz, Study into the Introduction of Reading in the Foreign Language at<br />
Kindergarten, in: Peter Edelenbos/Richard Johnstone/Angelika Kubanek, The Main<br />
Pedagogical Principles Underlying the Teaching of Languages to Very Young Learners.<br />
Languages for the Children of Europe. Published Research, Good Practice &<br />
Main Principles. Final Report of the EAC 89/04, Lot 1 study, Brüssel 2006, S. 47.<br />
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