Oder: Welchen Mehrwert hat die Mehrsprachig - IMIS - Universität ...
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Christoph Schroeder und Yazgül Şimşek<br />
dass bilinguale Schüler_innen in Deutschland, abhängig vom sprachlichen<br />
Input, andere Kriterien für <strong>die</strong> Definition und <strong>die</strong> Schreibung der Einheit<br />
Wort einsetzen.<br />
Bei Problemfällen, zum Beispiel bei der Zusammen- und Getrenntschreibung<br />
von Klitika wie dA haben auch Türkei-türkische Schüler_innen<br />
Schwierigkeiten. Jedoch gibt es einen Bereich, der in besonderer Art den<br />
Sprachkontakt kennzeichnet, dem bilinguale Kinder und Jugendliche in<br />
Deutschland ausgesetzt sind. Dieser betrifft <strong>die</strong> Getrenntschreibung von Suffixen<br />
bzw. ihre Analyse als eigenständige Worte durch <strong>die</strong> Schüler_innen.<br />
Solche Schreibungen kommen im Türkeitürkischen nicht vor und sind den<br />
Bedingungen von Sprache in der Migration geschuldet.<br />
Zudem sind Texte Deutschland-türkischer Schüler_innen weniger konsistent,<br />
was <strong>die</strong> Schreibungen von Wortgrenzen angeht, insbesondere <strong>die</strong> Getrenntschreibung<br />
von Suffixen wird in kaum einem Text konsistent durchgehalten.<br />
Die türkischen Migrant_innen in Deutschland (und in anderen europäischen<br />
Ländern) formen eine sozial sehr heterogene Gruppe, was hier daran<br />
deutlich wird, dass selbst in ein und derselben Klasse Schüler_innen<br />
einen sehr unterschiedlichen Stand des Schriftspracherwerbs im Türkischen<br />
zeigen können.<br />
Die Unterschiede in den Textprodukten und <strong>die</strong> verschiedenen Lösungen,<br />
<strong>die</strong> Schüler_innen bei der Schreibung von Wörtern finden, sind abhängig<br />
von der Intensität des Transfers vom Deutschen und von der Intensität<br />
des Transfers vom gesprochenen Türkisch. Dabei sind <strong>die</strong> mündlichen Varietäten<br />
und Registerbildungen des Türkischen in der Migration zu bedenken,<br />
<strong>die</strong> einen unterschiedlichen Grad an Vertrautheit mit komplexen morphologischen<br />
Strukturen und an Vertrautheit mit den Regeln der türkischen Orthographie<br />
zur Konsequenz haben. Das bedeutet, dass auch der Türkischunterricht<br />
in Deutschland auf <strong>die</strong> Wahrnehmung und <strong>die</strong> Schreibung von Wörtern<br />
(Suffixen als sprachliche Einheiten) einen erheblichen Einfluss <strong>hat</strong> und<br />
sich in der Schreibung der Schüler_innen, <strong>die</strong> an einem solchen Unterricht<br />
teilgenommen haben, niederschlägt. Sie schreiben weniger Suffixe als eigenständige<br />
Worte, sondern folgen den Regeln der türkischen Orthographie.<br />
Die Entfernung von der schriftsprachlichen Praxis in der Türkei führt<br />
offenbar tendenziell zu anderen Lösungsstrategien bei orthographischen<br />
›Problemfällen‹. Hierzu <strong>die</strong>nt <strong>die</strong> Kontaktsprache Deutsch als zusätzlicher<br />
Orientierungspunkt in der Strategieentwicklung bei der Schreibung. Die<br />
Analyse der Daten legt nahe, dass das syntaktische und morphologisch definierte<br />
Wort an <strong>die</strong> Stelle des phonologischen Wortes tritt.<br />
Zweisprachig- und Zweischriftlichkeit führen entsprechend zu Erwerbsdynamiken,<br />
<strong>die</strong> sich von denen im Herkunftsland unterscheiden. Die<br />
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