05.01.2013 Aufrufe

Oder: Welchen Mehrwert hat die Mehrsprachig - IMIS - Universität ...

Oder: Welchen Mehrwert hat die Mehrsprachig - IMIS - Universität ...

Oder: Welchen Mehrwert hat die Mehrsprachig - IMIS - Universität ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Literalität im Arabischen in Aus- und Einwanderungskontexten<br />

auch unterschiedlich geschrieben werden. Souad ist auf dem Weg, Literalität<br />

trotz verschiedener Hindernisse im schulischen Bereich zu erwerben.<br />

Diese kurze Analyse 43 zeigt, dass Souad ihre mündlichen Kenntnisse<br />

des Deutschen für den Erwerb der Literalität zu nutzen versucht – ein Unterfangen,<br />

bei dem sie von ihren Lehrern allein gelassen wird.<br />

Allerdings verlief ihre Schulkarriere im islamischen Verein noch dramatischer.<br />

In einem Test, der am Ende ihres dritten Schuljahres in der Moschee<br />

durchgeführt wurde, fiel sie komplett durch. Die Lehrer entschieden,<br />

sie nicht nur <strong>die</strong>selbe Klasse wiederholen zu lassen (was der Hälfte der Kinder<br />

in <strong>die</strong>ser Klasse widerfuhr), sondern sie noch weiter zurückzustufen, was<br />

sie mit einem, wie sie es nannten, dramatischen Rückgang ihres Klassisch-<br />

Arabischen begründeten. Als wir Souad in der staatlichen Schule im Herbst<br />

besuchten (sie war in <strong>die</strong> dritte Klasse versetzt worden), weigerte sie sich,<br />

auch nur ein Wort auf Berberisch oder Arabisch zu sagen. Dafür war sie auf<br />

ihre Fortschritte im Deutschen sehr stolz – nicht nur beim Erzählen einer Geschichte,<br />

sondern auch beim Schreiben. Trotz ihrer Schwierigkeiten beim Erwerb<br />

der Schreibfertigkeiten ließ sich Souad von der deutschen Sprache nicht<br />

abschrecken. Ganz im Gegenteil: Ihre Schreibungen machen deutlich, dass sie<br />

in der deutsche Gesellschaft angekommen ist.<br />

Während sie in der Schule beachtliche Fortschritte beim Erwerb der<br />

Prinzipien von Schriftlichkeit und schriftlichem Diskurs erzielte, konnte sie<br />

<strong>die</strong>se Fähigkeiten nicht auf den Arabischunterricht in der Moschee übertragen<br />

– obwohl <strong>die</strong>ser nicht auf das bloße Rezitieren der Koranverse beschränkt<br />

war. Das liegt an der Zielsprache des klassischen Arabisch, dessen<br />

Unterricht <strong>die</strong> Prinzipien von Literalität zu vermitteln versucht, ohne <strong>die</strong><br />

mündliche Kompetenz der Schüler_innen zu berücksichtigen.<br />

6.2 Mounir: kulturelle Integration im Gewand arabischer Buchstaben<br />

Wie Souad ist der Fünftklässler Mounir in Deutschland geboren. Seine Eltern<br />

stammen aus Sghanghane, einer Kleinstadt am Rande von Nador. Sein Vater,<br />

ein Migrant der ersten Generation, spielt eine zentrale Rolle in dem islamischen<br />

Verein. Er <strong>hat</strong> <strong>die</strong> Koranschule in Marokko als ein Taleb abgeschlossen,<br />

als jemand, der in der Lage ist, den gesamten Koran zu rezitieren. Alle seine<br />

Kinder, wie auch <strong>die</strong> Kinder seiner Verwandtschaft, erhalten Arabischunterricht<br />

in der Moschee des Vereins. Die Verbundenheit mit Marokko ist bei der<br />

ganzen Familie sehr groß.<br />

Ein direkter Kontakt zu Mounirs Familie konnte nicht hergestellt werden<br />

– wir trafen Mounir, seine Schwester und seinen Vater lediglich in den<br />

Räumen des Vereins. Die Familie spricht Berberisch, sogar <strong>die</strong> Geschwister<br />

43 Für eine weitergehende Analyse <strong>die</strong>ses Textes vgl. Maas/Mehlem, Schriftkulturelle<br />

Ressourcen und Barrieren bei marokkanischen Kindern in Deutschland, S. 103–128.<br />

47

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!