Oder: Welchen Mehrwert hat die Mehrsprachig - IMIS - Universität ...
Oder: Welchen Mehrwert hat die Mehrsprachig - IMIS - Universität ...
Oder: Welchen Mehrwert hat die Mehrsprachig - IMIS - Universität ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Die Entwicklung der Kategorie Wort<br />
Akzent <strong>hat</strong> im Türkischen zwar <strong>die</strong> Tendenz, auf der letzten Silbe zu liegen<br />
(veränderbarer Akzent nach Regel 2), aber eine ganze Reihe von Morphemen<br />
und Klitika zeichnen sich dadurch aus, dass sie unter keinen Umständen<br />
einen Akzent annehmen. Dazu gehören beispielsweise -mA 12 (Negationssuffix),<br />
-(y)lA (Kasussuffix des Instrumentals bzw. des Komitativs, d.h. Versprachlichung<br />
von Relationen, <strong>die</strong> im Deutschen vor allem mit der Präposition<br />
mit ausgedrückt werden), -cA (Adverbsuffix) u.a. Zu den nicht akzentuierbaren<br />
Klitika gehört beispielsweise <strong>die</strong> Fragepartikel mI:<br />
Beispiel (1b): gör-dü-ler mi /ɡørdyˈlermi/<br />
seh-PRÄT-PL QUE<br />
»sahen sie?«<br />
Außerdem gibt es beispielsweise Modussuffixe, <strong>die</strong> sich in unterschiedlicher<br />
phonologischer Umgebung unterschiedlich verhalten. 13<br />
Die Perzeption von Wortakzenten in der gesprochenen Sprache ist, offenbar<br />
auch wegen der Ausnahmefälle, problematisch. Die Perzeptionsexperimente<br />
der Stu<strong>die</strong> von Konrot 14 belegen, dass Akzent für Sprecher des Türkischen<br />
durchaus eine komplexe Kategorie darstellt. Je höher <strong>die</strong> Silbenzahl<br />
wird, desto unklarer können Probanden <strong>die</strong> Akzente korrekt zuordnen. Es ist<br />
daher durchaus denkbar, dass sich <strong>die</strong>ses Problem in der Migrationssituation<br />
durch den Einfluss der dominanten Sprache Deutsch noch weiter verstärkt.<br />
Vorstellbar ist, dass insbesondere <strong>die</strong> Ausnahmen von der Akzentuierungsregel<br />
anders wahrgenommen und anders interpretiert werden, sodass sich<br />
<strong>die</strong>s auch in einer größeren Unsicherheit der Schüler_innen bemerkbar<br />
macht, wenn es um <strong>die</strong> Verschriftung geht.<br />
Was <strong>die</strong> Silbenstruktur anbetrifft, so formt das Türkische als eine Sprache,<br />
deren Phonologie besonders von der Vokalharmonie bestimmt wird,<br />
einfache Silben nach dem Muster V, VC, CV und CVC, während das Deutsche<br />
zu einer komplexen Silbenstruktur mit Reduktionsphänomenen (Reduzierung<br />
zentraler Vokale) neigt. Die morphophonologischen Unterschiede<br />
zwischen beiden Sprachen sind in der umseitigen Tabelle zusammengefasst.<br />
Nicht zuletzt führt auch der typologisch unterschiedliche Sprachbau<br />
des Türkischen und des Deutschen zu unterschiedlichen Wortklassifikationen:<br />
Dem Wort als komplexe Konstruktion mit mehreren grammatischen<br />
Suffixen im Türkischen steht eine schwächer ausgeprägte Wortflexion in<br />
12 Majuskelschreibungen zeigen <strong>die</strong> vokalischen Segmente an, <strong>die</strong> durch Vokalharmonie<br />
veränderlich sind.<br />
13 Vgl. z.B. <strong>die</strong> Akzentuierung bei dem Konditionalsuffix -sA bei Barış Kabak/Irene<br />
Vogel, The Phonological Word and Stress Assignment in Turkish, in: Phonology, 18.<br />
2001, S. 315–360.<br />
14 Ahmet Konrot, Toward an Understanding of Turkish Stress: an Acoustic and Perceptual<br />
Study, Diss. Essex University 1981.<br />
59