Oder: Welchen Mehrwert hat die Mehrsprachig - IMIS - Universität ...
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Literalität im Arabischen in Aus- und Einwanderungskontexten<br />
Ein noch größerer Einfluss der deutschen Orthographie – was wir als<br />
<strong>die</strong> deutsche orthographische Matrix in Analogie zu der oben genannten arabischen<br />
Matrix bezeichnen – kann anhand der Wortgrenzen aufgezeigt werden.<br />
Wie in Kapitel 3 angeführt, schließt das Arabische einbuchstabige Wörter<br />
aus. Aus <strong>die</strong>sem Grund müssen Präpositionen mit dem folgenden Nomen<br />
oder Determinierer verbunden werden. Im Deutschen hingegen werden Präpositionen<br />
als unabhängige Wörter behandelt, <strong>die</strong>, außer mit dem Artikel,<br />
nicht verbunden werden können. Vor allem ist <strong>die</strong> Zusammenschreibung mit<br />
einem folgenden Nomen ausgeschlossen. In Mounirs Text lassen sich <strong>die</strong>sbezüglich<br />
Unsicherheiten feststellen, wobei letzten Endes <strong>die</strong> deutsche Matrix<br />
<strong>die</strong> Oberhand gewinnt:<br />
Textauszug 1 Mounir (Abbildung 6)<br />
������# (1b)���#������#������(1a)�<br />
(1a) ɵizizwa t-azzr-ən-t x~ (1b) uqzin<br />
Bienen IPF-lauf-3PL–F nach=Hund.CS<br />
Die Bienen verfolgen den Hund.<br />
In <strong>die</strong>sem Beispiel wird der Buchstabe /x/ in seiner isolierten Form dargestellt,<br />
was Wortgrenzen (#) nach links und rechts signalisiert. Gleichzeitig<br />
wird das folgende Wort mit der Kombination Alif-Hamza /ʔ/ eingeleitet,<br />
was in der arabischen Schrift ebenfalls eine klare Wortgrenze bedeutet. Auch<br />
wenn der Glottisverschluss im Berberischen nicht ausgesprochen wird, nutzt<br />
ihn Munir hier, um den Anfang eines neuen Wortes zu markieren.<br />
Mounir nutzt also seine Kenntnisse des arabischen Systems, obwohl <strong>die</strong><br />
Prinzipien der deutschen Orthographie für <strong>die</strong> Organisation seines Textes<br />
ausschlaggebend sind.<br />
Dass Mounir kein Ausnahmefall ist für <strong>die</strong> Situation der marokkanischen<br />
Kinder in Deutschland, <strong>die</strong> auf Berberisch schreiben, wird in Tabelle 10<br />
deutlich. Während <strong>die</strong> marokkanische Kontrollgruppe aus Nador <strong>die</strong> Präposition<br />
und das folgende Nomen nur in 23% der Fälle getrennt schreibt, ist <strong>die</strong><br />
Getrenntschreibung ein dominantes Merkmal bei allen Alters- und Schultypengruppen<br />
in Deutschland. Einzig <strong>die</strong> Förderschüler_innen, <strong>die</strong> <strong>die</strong>ses<br />
Rechtschreibprinzip des Deutschen noch nicht erworben haben, liegen in der<br />
Statistik unter dem Durchschnitt der Regelschüler_innen. Interessanterweise<br />
ist das Prinzip der Trennung von Präposition und Nomen in den höheren<br />
Zweigen des deutschen Schulsystems (8.–10. Klasse Realschule und Gymnasium)<br />
schwächer. In <strong>die</strong>ser Gruppe fanden wir mehr Schüler_innen, welche<br />
<strong>die</strong> strukturellen Unterschiede zwischen den beiden Sprachen erkannt haben,<br />
was sich auch in ihren Texten niederschlug.<br />
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