Oder: Welchen Mehrwert hat die Mehrsprachig - IMIS - Universität ...
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Adelheid Kierepka<br />
Bereits in den 1960er und 1970er Jahren wurden Fremdsprachen an<br />
staatlichen Grundschulen in Deutschland unterrichtet. 2 In der DDR wurde<br />
Russisch seit der 3. Klasse an Spezialschulen unterrichtet. Im Saarland und in<br />
Hessen sowie Niedersachsen und Schleswig-Holstein gab es vereinzelt Versuche<br />
in Französisch und Englisch, von denen der Schulversuch von Doyé<br />
und Lüttge in Braunschweig ausführlich publiziert wurde. 3<br />
Das Ziel des Fremdsprachenlernens in der Bundesrepublik war es, <strong>die</strong><br />
Leistungen der Schüler_innen am Ende ihrer Schullaufbahn durch <strong>die</strong> Nutzung<br />
der Fähigkeiten des frühen Kindesalters zu verbessern. Das beruhte vor<br />
allem auf der zu <strong>die</strong>ser Zeit weit verbreiteten Annahme, dass Kinder schnellere<br />
Sprachenlerner sind (›The younger the better hypothesis‹). In der Grundschule<br />
sollte <strong>die</strong> Sprache kind- und altersgerecht nicht als System, sondern<br />
als Instrument der Verständigung unterrichtet werden. Interkulturelle Ziele<br />
sowie <strong>die</strong> Erziehung zu Toleranz und Völkerverständigung wurden allerdings<br />
als sekundär angesehen. 4 Verschiedene Ausprägungen <strong>die</strong>ses Konzepts<br />
waren von Fremdsprachendidaktiker_innen entwickelt worden; allerdings<br />
ohne Berücksichtung einer bewussten Vernetzung und Integration<br />
grundschulpädagogischer und fachdidaktischer Aspekte. Das können mögliche<br />
Gründe für damals zahlreiche kritische Haltungen gegenüber der Einführung<br />
von Fremdsprachen in der Grundschule gewesen sein. So wurde der<br />
Unterricht als Überforderung angesehen: Die Grundschullehrkräfte selbst sahen<br />
das Erlernen der Muttersprache gefährdet und befürchteten einen unerwünschten<br />
Leistungsdruck auf <strong>die</strong> Kinder. Diese Kritiken, ein zur damaligen<br />
Zeit fehlender bildungspolitischer Handlungsdruck und Forschungsergebnisse,<br />
<strong>die</strong> <strong>die</strong> Effizienz des frühen Fremdsprachenunterrichts nicht überzeugend<br />
beantworteten 5 , waren <strong>die</strong> Gründe, dass <strong>die</strong> Versuche zunächst nicht<br />
weitergeführt wurden.<br />
Zwanzig Jahre später allerdings bildete <strong>die</strong>ses Konzept <strong>die</strong> Grundlage<br />
für ein ergebnisorientiertes Fremdsprachenlernmodell. Mit den politischen<br />
Veränderungen in den 1990er Jahren in Europa und Deutschland wurde eine<br />
Reihe von bildungspolitischen Entscheidungen getroffen, <strong>die</strong> Sprachen als<br />
eine Kernkompetenz jeden Europäers ansahen und vielfältige Initiativen<br />
2 An den Waldorfschulen gehörten Fremdsprachen bereits seit 1920 zum Angebot in<br />
der Grundschule.<br />
3 Peter Doyé/Dieter Lüttge, Untersuchungen zum Englischunterricht in der Grundschule.<br />
Bericht über das Forschungsprojekt FEU, Braunschweig 1977.<br />
4 Helmut Sauer, Fremdsprachlicher Frühbeginn in der Diskussion: Skizze einer historisch-systematischen<br />
Standortbestimmung, in: Neusprachliche Mitteilungen, 2. 1993,<br />
S. 85–94, hier S. 85.<br />
5 Die Ergebnisse des Burstall Reports können in <strong>die</strong>sem Zusammenhang auch einen<br />
negativen Einfluss auf <strong>die</strong> Weiterführung <strong>die</strong>ser Versuche gehabt haben. Vgl. hierzu<br />
Clare Burstall u.a., Primary French in the Balance, Slough 1974.<br />
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