Oder: Welchen Mehrwert hat die Mehrsprachig - IMIS - Universität ...
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Literalität im Arabischen in Aus- und Einwanderungskontexten<br />
In Faridas Familie <strong>hat</strong> religiöses Leben eine große Bedeutung. Farida<br />
selbst sagt, dass sie gerne im Koran liest und auch schon einige Verse auswendig<br />
kennt. Obwohl sie in einer modernen Vorschule in Marokko war,<br />
hält sie <strong>die</strong> Koranschule für besser. Nach ihrer Rückkehr aus den Niederlanden<br />
begann ihre Mutter, in einer Moschee schreiben und lesen zu lernen,<br />
»zusammen mit alten Frauen«. Jetzt kann sie schon einige Koranverse lesen.<br />
Sie wünscht sich, dass Farida ein Kopftuch trägt, aber sie möchte es ihr nicht<br />
aufzwingen. Man kann sich vorstellen, dass <strong>die</strong>ses Thema für Konflikt in der<br />
Familie sorgte, denn Faridas Mutter berichtet im Interview ausführlich von<br />
einem Rat, den ihr Faridas Klassenlehrer in Marokko gab:<br />
Interview-Transkript 7 aus dem Interview mit der Mutter von Farida<br />
mazal w~ana ma bɣi-t~ʃ n-dir ʕli~ha b~s-sif<br />
noch nicht und-1SG NEG woll-1SG.PF=NEG 1SG.IPF-mach: auf=3SGF mit=DEF-Schwert<br />
Aber jetzt noch nicht. Und ich möchte es ihr auch nicht mit Gewalt aufzwingen.<br />
ila dər-tu b~s-sif Matalan t-xrəʒ l~z-zənqa<br />
wenn mach:-2PL.PF mit=DEF-Schwert zum Beispiel 3SGF.IPF-ausgeh auf=DEF-Straße<br />
Wenn ihr es mit Gewalt macht, zum Beispiel... geht sie hinaus auf <strong>die</strong> Straße<br />
w t- ħijjəd~u d- dir ~u f~s-sak walajənni bɣi-na<br />
und 3SGF.IPF-ableg:-3SGM 3SGF.IPF-steck:=3SGM in-DEF-Tasche aber woll-1PL.PF<br />
legt es ab Und steckt es in ihre Tasche Aber wir möchten<br />
n- ɣərs-u fi~ha b~d- din b~d- din<br />
1.IPF-pflanz:-PL in=3SGF mit=DEF-Religion mit=DEF-Religion<br />
<strong>die</strong> Religion in sie einpflanzen.<br />
Der Lehrer, der von der Mutter zitiert wird, vertritt ein Modell religiöser Erziehung,<br />
das <strong>die</strong> Idee des ›Einpflanzens‹ des Glaubens in das Herz des Kindes<br />
hervorhebt. Äußerer Zwang würde nur zu Ungehorsam der Tochter außerhalb<br />
des Elternhauses führen, nur durch Einsicht könne religiöses Verhalten<br />
erfolgreich eingeführt werden. Die Mutter stimmt <strong>die</strong>ser Ansicht zu. Sie<br />
knüpft dabei an Erfahrungen in den Niederlanden an, wo, wie sie sagt, »<strong>die</strong><br />
Mädchen nicht geschlagen werden, wenn sie keine Kopftücher tragen möchten.«<br />
Gleichzeitig hebt Faridas Mutter aber hervor, dass <strong>die</strong> religiöse Erziehung<br />
für <strong>die</strong> Eltern zu schwierig sei, vor allem wenn ihre eigene Bildung<br />
nicht ausreiche. Deshalb seien sie auf <strong>die</strong> Hilfe der Lehrer angewiesen. Diese<br />
Ansicht vertritt eine Mehrheit der in Berkane befragten Mütter (Tabelle 8).<br />
Während in Klasse 1 und 2 <strong>die</strong> Mehrheit der Mütter <strong>die</strong> gleiche Verantwortung<br />
von Lehrern und Eltern für <strong>die</strong> religiöse Erziehung hervorhebt,<br />
sehen sie sie in den Klassen 5 und 6 vor allem als Aufgabe der Eltern an. Der<br />
Unterschied könnte dadurch erklärt werden, dass in den ersten Schuljahren<br />
der Religionsunterricht das Üben der Gebete und das Kennenlernen der Ri-<br />
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