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Tschernobyl bis Fukushima - Hilfe für Kinder aus Tschernobyl e. V ...

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enachrichtigte Chef des Kern-Physik-Labors, Anatolij Krjat, wartete. Zu<br />

viert kamen wir gegen acht Uhr morgens im KKW an und gingen sofort in den<br />

Bunker unter dem Kraftwerk. Dort hatte sich der Stab der Zivilverteidigung<br />

eingerichtet und dort befand sich die Leitung: Direktor, Chefingenieur,<br />

Parteisekretär, deren Stellvertreter und die Leiter einzelner Abteilungen.<br />

Zunächst erschien mir das Fehlen jeglicher Informationen äußerst<br />

seltsam. Uns wurde nichts über das Geschehen gesagt, über das Ausmaß<br />

der Zerstörungen am Kraftwerkblock, über den Zustand des Reaktors und<br />

der Sicherheitssysteme, über die <strong>aus</strong>geführten und die geplanten Arbeiten!<br />

Es gab kein Schema über die radioaktive Verseuchung des Kraftwerkterritoriums<br />

und der Räumlichkeiten.<br />

Ja, es gab irgendeine Explosion, aber über die Menschen und ihre<br />

Handlungen in dieser Nacht hatte man nicht die geringste Vorstellung,<br />

obgleich das Schichtpersonal vom Moment der Explosion an der Lokalisierung<br />

der Havarie arbeitete. Im Bunker der Zivilverteidigung wurde uns nichts<br />

darüber gesagt, was im Reaktorsaal vor sich ging, was man im Maschinensaal<br />

machte, welche Personen dort waren, wieviel Personen in die Krankenstation<br />

evakuiert wordenwaren, welche Verstrahlungen es gab – wenn auch nur<br />

näherungsweise.<br />

Die im Bunker Anwesenden teilten sich in zwei Gruppen. Die Leitungskräfte<br />

befanden sich in einem merklich gehemmten Zustand – der Direktor und der<br />

Chefingenieur. Da waren aber auch welche, die versuchten, auf die Situation<br />

einzuwirken. Diese in die bessere Richtung zu ändern. Von solchen waren<br />

weniger. Was passierte also in dieser Nacht?<br />

Nach und nach gelang mir zu erfahren, dass es gegen halb zwei Uhr in<br />

der Nacht eine Explosion im 4. Block gab. Die Explosion wurde von einigen<br />

Dutzend Menschen, die an Stellen in der Nähe des Kraftwerks gearbeitet<br />

hatten bzw. zufällig in der Nähe waren, beobachtet. Das waren der<br />

Betriebsschutz, Bauarbeiter, Angler, die im Kühlteich oder im Fluss Pripjat‘<br />

angelten. Diejenigen, die die Explosion und den Beginn der Katastrophe von<br />

außerhalb gesehen hatten, waren nicht viele, etwa zehn Personen. Aber<br />

ihre Aussagen waren sehr wichtig. Ich konnte später mit ihnen sprechen. Ihre<br />

Erzählungen habe ich aufgeschrieben. Sie waren wegen ihrer Entfernung<br />

nicht unmittelbar von der Explosion betroffen. Bestrahlung haben sie natürlich<br />

auch bekommen.<br />

Das Fragment einer der Aussagen werde ich anführen. Zwei Mitarbeiter,<br />

die das KKW gut kannten, angelten im Kühlteich. Als sie die erste Explosion<br />

gehört hatten, wandten sie sich in Richtung des Kraftwerksblocks. Zu dieser<br />

Zeit dröhnte der zweite, besonders starke Schlag, der dem Schall ähnlich<br />

war, wenn ein Strahlflugzeug die Schallmauer durchbricht. Die Erde<br />

erschütterte. Sie haben die Druckwelle gespürt. Im Nachthimmel ballte sich<br />

über dem 4. Reaktor eine schwarze Wolke zusammen, in der Funken und<br />

glühende Gegenstände verschiedener Form flogen. Danach bemerkten sie,<br />

je nach dem Verfliegen des schwarzen Staubs, das Leuchten von unten <strong>bis</strong><br />

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