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Tschernobyl bis Fukushima - Hilfe für Kinder aus Tschernobyl e. V ...

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der abgestellten Kraftwerkblöcke und der technologischen Ausrüstung<br />

sicher zu gewährleisten.<br />

28. April<br />

Die Physiker unserer Abteilung <strong>für</strong> Nukleare Sicherheit arbeiteten alle<br />

folgenden Tage. Sie überführten die Reaktoren 1, 2 und 3 in einen atomar<br />

sicheren Zustand und haben in ihren Wohnungen in Pripjat’ übernachtet. Am<br />

Morgen, als wir zur Bushaltestelle gingen, um zur Arbeit zu fahren, haben wir<br />

Hubschrauber gesehen, die über dem 4. Block mit Anschlagseil aufgehängte<br />

Lasten (Sand, Blei und Dolomit) abwarfen. Nach dem Auftreffen der Ladung<br />

auf den Trümmern der Reaktorruine stieg von dort eine dunkle Wolke auf,<br />

wie ein schwereloser Seidenschal. Dieser Schal entfaltete und vergrößerte<br />

sich in seinem Volumen und zog direkt in die Stadt. Es ist kein Wunder, dass<br />

es später nicht gelang, Pripjat’ von der Strahlung zu reinigen. Die Stadt ist<br />

immer noch mit den sehr gefährlichen Isotopen von Uran und Plutonium über<br />

die Maßen verseucht.<br />

Erst am 4. Mai zogen wir in das Pionierlager “Märchenhaft” um, zehn<br />

Kilometer von <strong>Tschernobyl</strong>, 22 km vom Kraftwerk entfernt. Dorthin hatte man<br />

<strong>aus</strong> Pripjat’ das ganze übrige Personal des Kraftwerkes gebracht. Durch die<br />

Drehung des Windes nach Süden verschlechterte sich die Strahlungssituation<br />

hier und erreichte zu dieser Zeit den Wert von 0,02 mSv/h. Das ist etwa das<br />

100-fache des Wertes vor der Havarie. In Pripjat’ wurde bereits über<br />

Dutzende von Röntgen pro Stunde gesprochen. Andere Wohnmöglichkeiten<br />

<strong>für</strong> die Mitarbeiter hatten wir nicht.<br />

Ungewöhnlich sah die Gegend vor der Sanitätsbarriere <strong>aus</strong>, welche die<br />

Dosimetristen des Kraftwerks am Eingang des Lagers eingerichtet hatten.<br />

Offensichtlich waren vor unserer Ankunft hier schon eine Menge Menschen<br />

empfangen worden, denn auf dem Boden lagen Berge schmutziger Schuhe.<br />

An den Zweigen der Bäume schaukelten wie W eihnachtsschmuck<br />

Kleidungstücke, die noch nicht zur Utilisierung abgeholt wurden. Wir waren<br />

auch in Kleidung gekommen, in der wir zur Arbeit gegangen waren und uns<br />

in unseren Wohnungen in Pripjat’ aufgehalten hatten. Wir wurden alle<br />

überprüft. Meine Schuhe waren mit 0,05 Sv/h, die Kleidung mit 0,01 <strong>bis</strong><br />

0,03Sv/h kontaminiert. Bei den anderen das gleiche Bild. Wir wurden nackt<br />

<strong>aus</strong>gezogen. Alle. So haben wir noch eine Grenze überschritten, denn nach<br />

dem Duschen haben wir uns <strong>für</strong> lange Zeit von normaler Bekleidung und<br />

Schuhen verabschiedet. Wir wurden alle in Spezialkleidung gesteckt, als<br />

Schuhe gab man uns weiße Überschuhe. Das war lange Monate der Arbeit<br />

und des Aufenthaltes im ehemaligen Pionierlager “Märchenhaft”, dann auf<br />

den “Weißen Dampfern“ und in der neuen Siedlung <strong>für</strong> das Personal des<br />

Kraftwerks “Grünes Kap” unsere übliche Ausstattung.<br />

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