22.02.2013 Aufrufe

Tschernobyl bis Fukushima - Hilfe für Kinder aus Tschernobyl e. V ...

Tschernobyl bis Fukushima - Hilfe für Kinder aus Tschernobyl e. V ...

Tschernobyl bis Fukushima - Hilfe für Kinder aus Tschernobyl e. V ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

vollem Gange war der kalte Krieg mit dem „faulenden“ Westen. Ich war mit<br />

dem Leben vollkommen zufrieden und wollte ein guter Fachmann werden.<br />

Das war ganz und gar nicht leicht, aber interessant.<br />

Von Kindheit an habe ich geangelt, Fußmärsche gemacht und<br />

Bergtouristik betrieben. Ich habe mich in der Umgebung der Stadt aufgehalten,<br />

an den Ufern von Flüssen und Bächen. In einem von ihnen mit ungewöhnlich<br />

warmem Wasser sah ich sehr ungewöhnliche Geschöpfe. Das waren Enten,<br />

aber fast ohne Federn. Fliegen konnten sie nicht. Das waren Fische, aber<br />

ohne Schuppen, mit großen Staren in den Augen. Es waren viele, sie alle<br />

waren krank. Wie sich dann her<strong>aus</strong>stellte, handelte es sich um das Flüsschen<br />

Romaschka, das wenig Wasser führt. Dorthinein floss das Wasser nach<br />

„Ivanov” – so nannte man die ersten industriellen Reaktoren mit unmittelbarer<br />

Kühlung der aktiven Zonen. Ein noch eindrucksvolleres Bild zeigte sich mir<br />

am anderen Ende des Tomsk – 7 – Gebietes, das nicht schlechter als eine<br />

Staatsgrenze gesichert war.<br />

Das war auf einem gewaltigen Polygon, in dessen Erde die flüssigen<br />

radioaktiven Abfälle von radiochemischer Produktion geleitet wurden. Dort<br />

sah ich einen kranken Elch, dessen bittertraurigen Anblick ich hier nicht<br />

beschreiben möchte, um die Leser nicht zu traumatisieren. Diese beiden<br />

Episoden bleiben <strong>für</strong> immer in meinem Gedächtnis als Bild <strong>für</strong> die möglichen<br />

Folgen eines Atomkrieges. Aus irgendeinem Grunde habe ich diese Tatsachen<br />

in jener Zeit noch nicht verbunden mit den Folgen meiner täglichen Arbeit,<br />

mit den un<strong>aus</strong>weichlichen Veränderungen der Natur infolge der Tätigkeit<br />

eines großen atomaren Kombinats. In dem Maße der Entfernung vom<br />

Kombinat waren die ökologischen Folgen nicht mehr so spürbar. Pomaschka<br />

fließt in den Tom’, der Tom’ in den Ob’, der Ob’ bringt die verdünnte<br />

Radioaktivität in das nördliche Eismeer. Und erst nach Jahrzehnten als der<br />

„Stempel” der Geheimhaltung <strong>für</strong> solche Informationen wegfiel, wurde mir<br />

bekannt, welche gewaltigen medizinischen Folgen die radioaktiven Abfälle<br />

in den sibirischen Flüssen hatten.<br />

Zehn Jahre habe ich das atomare Schild der UdSSR „geschmiedet“,<br />

solange ich nicht erkannte, wie das Leben hinter den „Dornen“ der<br />

Geheimdienste mich unterdrückte. Das ließ mich nachdenken über einen<br />

neuen Platz im Leben und der Arbeit. Es kam das Jahr 1979, das Jahr des<br />

Erblühens des friedlichen Atoms. Im europäischen Teil der UdSSR baute<br />

man viele Atomkraftwerke. Dorthin gingen die Leute <strong>aus</strong> den Atomkombinaten<br />

des ‘Mittleren Maschinenb<strong>aus</strong>‘. Auch ich ging weg, in das <strong>Tschernobyl</strong>er<br />

KKW. Malerische Natur, ein wunderbarer Fluss, prächtige Wälder – hier war<br />

alles <strong>für</strong> ein glückliches Leben. Einen großen Teil der Freizeit verbrachte ich<br />

in der Natur, bei Wanderungen durch die Wälder, beim Angeln. Das Gefühl<br />

der Vereinigung mit der tadellos sauberen Natur war so angenehm, dass<br />

sich im Kopf periodisch der erschreckende Gedanke einstellte, dass all das<br />

verloren gehen könnte nach einer großen Havarie im Kraftwerk. Ausreichend<br />

ist die Zerstörung einiger technologischer Kanäle am arbeitenden Reaktor<br />

218

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!