Tschernobyl bis Fukushima - Hilfe für Kinder aus Tschernobyl e. V ...
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Regierungskommission<br />
Im September 1986, trotz langjähriger Abhärtung und täglichem<br />
morgendlichen Laufes, wurde unser Direktor E.N. Pozdyshev krank. Die<br />
Auswirkungen unmenschlicher nervlicher Anspannung, akkumulierter<br />
Ermüdung und Strahlenbelastung. Er sah sehr krank <strong>aus</strong>, blieb aber im<br />
Dienst in seinem Büro. Nach einer morgendlichen oprativen Beratung mit<br />
den Hallenleitern des Kraftwerks bat er mich, auf der morgigen Sitzung der<br />
Regierungskommission, die zweimal am Tag in <strong>Tschernobyl</strong> stattfand, an<br />
seiner Stelle aufzutreten. An diesem Tag war auch mein Vortrag „Die<br />
Verbesserung der Arbeit des dosimetrischen Kontrolldienstes” geplant. Ich<br />
erklärte mich einverstanden. Die Sitzung der Regierungkommission leitete<br />
ihr Vorsitzender B.E. Scherbina. Wieder war er an der Reihe, in <strong>Tschernobyl</strong><br />
zu sein. Die stellv. Vorsitzenden des Ministerrates der UdSSR haben<br />
einander auch alle paar Wochen abgelöst, wie das Personal des Kraftwerkes.<br />
Der Wechsel der Vorsitzenden der Regierungskommission und der gesamten<br />
Regierungskommission hat manchmal zur Nervosität in unsererm<br />
kontinuierlichen Berufsleben beigetragen. Weil jeder Vorsitzende seinen<br />
eigenen Stil hatte, sein Tempo und seine Methoden der Arbeit mit Menschen.<br />
Jeder von ihnen hat auf seine Weise die Arbeit des Kraftwerkpersonals und<br />
den persönlichen Anteil der Leiter des Kraftwerks eingeschätzt. Jeder von<br />
Ihnen versuchte zu Beginn seines regelmäßigen Dienstes in <strong>Tschernobyl</strong><br />
das Tempo des Wiederaufb<strong>aus</strong> zu beschleunigen, besonders betraf das die<br />
Maßnahmen zur Verbesserung der Strahlungssituation im Kraftwerk und in<br />
der Dreißig-Kilometer-Zone. Wenn es wegen Inkompetenz der Leiter, selbst<br />
im Range von Ministern, bei der Arbeit hinsichtlich Liquidation der<br />
Havariefolgen Probleme gab, wurde der Tagungsraum der Regierungskommission<br />
zum Schlachtfeld. Und in solcher Schlacht geschah, dass den<br />
Generälen die Schulterstücke abgerissen wurden, sehr erfahrene,<br />
grauhaarige Minister wurden zum Stottern und dem Zustand vor dem<br />
Herzinfarkt gebracht.<br />
Der Tag, an dem ich <strong>für</strong> mich und den Direktor berichten musste, wurde<br />
durch B.E.Scherbina als Tag der “pädagogischen Arbeit” mit der Leitung des<br />
KKW eingeplant. Der Sitzungssaal wurde mit Ministern <strong>aus</strong> Moskau und<br />
Kiew, Leitern von wissenschaftlichen und industriellen Organisationen,<br />
Generälen verschiedener Kaliber gefüllt. Die Nervosität schwebte in der<br />
Luft, jeder wusste um die Fähigkeit des Vorsitzenden, die Situation der<br />
Versammlung so gespannt zu machen, dass bei den Anwesenden die Köpfe<br />
anfingen zu glühen und die Füße zu erstarren. Nachdem er sich an den<br />
Referenten <strong>aus</strong> dem Militär „warm gemacht“ und sie ins Schwitzen gebracht<br />
hatte, kündigte Scherbina den Beginn der Diskussion zu Problemen des<br />
Kraftwerks an. Als ich zum Platz des Vortragenden ging und begann meine<br />
Schemata <strong>aus</strong>zuhängen, kam die erste Salve vom Vorsitzenden der<br />
Regierungskommission: “Und warum berichtet nicht der Direktor des KKW?<br />
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