Tschernobyl bis Fukushima - Hilfe für Kinder aus Tschernobyl e. V ...
Tschernobyl bis Fukushima - Hilfe für Kinder aus Tschernobyl e. V ...
Tschernobyl bis Fukushima - Hilfe für Kinder aus Tschernobyl e. V ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Vladimir Cugunov und Anatolij Sitnikov wurden durch den Direktor des<br />
KKW eingeteilt. Er und der Parteisekretär Sergej Parashin formulierten die<br />
Arbeitsaufgabe am Block 4, haben aber trotz höchster Strahlenbelastung im<br />
Bereich des Blocks nicht vor dieser gewarnt. Vielleicht <strong>aus</strong> diesem Grund hat<br />
Vladimir Cugunov Aleksandr Nehaev nicht <strong>für</strong> die Sanitätsstelle freigegeben<br />
und seinen Wunsch <strong>für</strong> nicht zeitgemäß gehalten. Zusammen mit ihnen<br />
gingen der Stellvertreter von Cugunov Vjaceslav Orlov und Oberingenieur<br />
der Reaktorhalle Arkadij Uskov zum 4. Block. Im Ergebnis bekamen sie alle<br />
die Strahlenkrankheit. Anatolij Sitnikov starb einen Monat später. A. Nehaev,<br />
der erst um 9 Uhr in die Sanitätsstelle kam, hat außer Strahlenkrankheit<br />
schwerste Strahlenverbrennungen erlitten und nicht heilende Geschwüre<br />
am Körper und den Beinen bekommen. Bei ihm wurden 14 umfangreiche<br />
Hauttransplantationen durchgeführt. Es gelang nicht, ein Bein zu retten. Ein<br />
Jahr nach der Havarie musste es amputiert werden.<br />
Erstaunliche Standhaftigkeit dieses Mannes! Viele Male hatte ich<br />
Gelegenheit, seinen Kampf gegen das Leiden mitzuerleben. Mehrfach<br />
befanden wir uns in angrenzenden Krankenh<strong>aus</strong>betten in Kliniken und<br />
Hospitälern. Nie hat er sich den Schmerzen und Ausweglosigkeit wegen der<br />
Hilflosigkeit der Medizin ergeben. In den kritischsten Momenten fand er die<br />
Kraft <strong>für</strong> Spaß und interessante Gespräche über das Leben. Ich danke ihm<br />
<strong>für</strong> ein vorbildliches Beispiel der Lebensbejahung!<br />
Familie<br />
Unmittelbar nach Erhalt der Information über das Vorhandensein von<br />
Kernbrennstoffpartikeln in der Luft habe ich meine Frau zu H<strong>aus</strong>e angerufen.<br />
Ich bat sie, die Fenster zu schließen, nicht her<strong>aus</strong>zugehen, eine kleine<br />
Tasche mit Babykleidung zu packen und auf meine Ankunft zu warten. Selbst<br />
fragte ich mich, wie ich die Familie vor dem Abend <strong>aus</strong> der Stadt bringen<br />
könnte bevor der Reaktor “wach” wird? Nach Abschluss der dringendsten<br />
Aufgaben bat ich den Direktor, dem Personal einen Bus <strong>für</strong> den Ausflug in<br />
die Stadt zum Mittagessen bereitzustellen. Der Direktor hat den Bus gegeben.<br />
Im Vorfeld habe ich mit Anatolij Krjat vereinbart, dass statt er Mittagessen mit<br />
seinem Auto hilft, meine Familie zu den Verwandten in die Stadt <strong>Tschernobyl</strong><br />
(12 km von Pripjat’) zu bringen. Noch einmal habe ich <strong>Tschernobyl</strong> und meine<br />
Frau angerufen. Sie müssten in Bereitschaft stehen. Gegen 14 Uhr sind wir<br />
zu meinem H<strong>aus</strong> gefahren, haben die Familie abgeholt und sind nach<br />
<strong>Tschernobyl</strong> gefahren. Am Stadtrand von Pripjat’ an der Brücke über die<br />
Bahngleise wurden wir durch einen bewaffneten Polizisten angehalten und<br />
aufgefordert, in die Stadt zurückkehren. Es stellte sich her<strong>aus</strong>, dass auf<br />
Anordnung der Behörden <strong>aus</strong> Angst vor Panik alle Ausfahrtstraßen <strong>aus</strong> der<br />
Stadt durch die Polizei blockiert wurden, um eine eigenwillige Abfahrt der<br />
Bevölkerung zu verhindern. Mir wurde klar, dass man <strong>aus</strong> uns Geiseln der<br />
Situation machen wollte und empörte mich. Der Polizist empfahl mir, das<br />
31