Tschernobyl bis Fukushima - Hilfe für Kinder aus Tschernobyl e. V ...
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als die Stangen des automatischen Leistungsreglers in die volle Tiefe<br />
abgesenkt wurden, drückte Leonid Toptunov, Chefingenieur <strong>für</strong> die Kontrolle<br />
des Reaktors, den Schalter Havarieschutz (eine Standardmethode <strong>für</strong> die<br />
Einstellung der Funktion des Reaktors). Gestartet wurde das Absenken aller<br />
Stäbe des Steuer- und Schutzsystems mit Ausnahme der 24 verkürzten<br />
Absorberstäbe, was zur Abnahme der Leistung in der ersten Sekunde<br />
geführt hat. Aber ab zweiter Sekunde erhöhte sich die Reaktorleistung<br />
wieder. Das ist die Auswirkung des Fehlers im Steuer- und Schutzsystem,<br />
der durch die Konstrukteure zu verantworten ist (N. Karpan: „Rache des<br />
friedlichen Atoms”, 2006, Dnepropetrowsk, S. 334). Infolge des<br />
Leistungswachstums hat bei weiterer Senkung der Wasserzufuhr durch die<br />
<strong>aus</strong>fallenden Hauptzirkulationspumpen das verbleibende Wasser schließlich<br />
die technologischen Kanäle vollständig mit Dampf gefüllt. Das führte zu einer<br />
zusätzlichen Erhöhung der Leistung aufgrund der W irksamkeit des<br />
Dampfkoeffizienten der Reaktivität. Eine intensive Dampfentwicklung in der<br />
aktiven Zone und nachfolgende Erhöhung der Reaktivität und Leistung<br />
haben zu erhöhtem Druck im Zwangskühlkreislauf geführt <strong>bis</strong> zum Zuschlagen<br />
der Rückventile auf dem Transfer- Gruppen-Sammler, durch den das<br />
Wasser in den Reaktor gelangt. Die aktive Zone bekam kein Wasser mehr.<br />
Weiter nahm der Prozess katastrophalen Charakter an. Eine detaillierte<br />
Beschreibung enthält der Artikel “Die Rolle einzelner Faktoren in der<br />
Entwicklung der Havarie im KKW <strong>Tschernobyl</strong>“ (Adamov E.O., Cherkashov J.M.<br />
u.a. „Atomenergie“, T.75, Ausgabe 5, Nov. 1993) und der Artikel von K.P.<br />
Cecerov “Eine experimentelle Studie des zerstörten Reaktors”.<br />
Berechnungen, die am Institut <strong>für</strong> Atomenergie Kurcatov durchgeführt<br />
wurden, zeigten, dass “die Funktion von zwei der vier Hauptzirkulationspumpen<br />
jeder Hälfte der <strong>aus</strong>laufenden Turbogeneratoren mit stetig sinkendem<br />
Verbrauch zur Entwicklung eines katastrophalen Prozesses auch ohne das<br />
Einbringen einer positiven Reaktivität infolge Verdrängung der Stäbe des<br />
Steuer- und Schutzsystems führen kann”. Im Endeffekt führte der<br />
Havarieprozess von der Funktion des Havarieschutzes über fließendes<br />
Anwachsen der Leistung zur Kernexplosion. Diesmal war der “Endeffekt”<br />
höher als sein Normalwert aufgrund der geringen Reaktivitätsreserve<br />
(insgesamt nur etwa 10 Stäbe im Moment des Havarieschutz-Schalterdrucks<br />
bei sehr niedriger Unterkühlung des Kühlwassers am Reaktoreingang<br />
(Karpan N.V. “Rache des friedlichen Atoms”, 2006, Dnepropetrovsk, S.<br />
349). Der Reaktor, eine positive Reaktivität erhaltend, wurde kritisch auf<br />
prompten Neutronen (Karpan N.V. “Rache des friedlichen Atoms”, 2006,<br />
Dnepropetrovsk, S. 365), was gesetzmäßig zu einer nuklearen Explosion mit<br />
einer Sprengkraft von ca. 30 t TNT führte. Die Nennleistung der Explosion<br />
ist <strong>aus</strong> dem Dokument “Schlussfolgerung eines Sachverständigen” vom 16.<br />
Mai 1986 entnommen, das mit noch anderen Dokumenten <strong>aus</strong> dem<br />
Staatsarchiv des Sicherheitsdienstes der Ukraine zum 20. Jahrestag der<br />
<strong>Tschernobyl</strong>-Katastrophe freigegeben wurde.<br />
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