Tschernobyl bis Fukushima - Hilfe für Kinder aus Tschernobyl e. V ...
Tschernobyl bis Fukushima - Hilfe für Kinder aus Tschernobyl e. V ...
Tschernobyl bis Fukushima - Hilfe für Kinder aus Tschernobyl e. V ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Teil 2. Die Tragödie wird zu einer Farce<br />
Wie der RBMK-Reaktor zur Explosion vorbereitet wurde<br />
Ich möchte einige wichtige Fakten <strong>aus</strong> der Geschichte des RBMK (von<br />
der Projektierung <strong>bis</strong> zur Havarie) nennen. Bis zu seiner Bestätigung als<br />
Technisches Projekt des Kraftwerksblocks mit dem Reaktor RBMK-1000<br />
gab es Dutzende von Abweichungen gegenüber den ab 1973-74<br />
bestehenden Vorschriften über verbindliche Sicherheitsanforderungen. Die<br />
wichtigsten dieser Dokumente waren “Allgemeine Bestimmungen <strong>für</strong> Sicherheit<br />
von Kernkraftwerken bei der Projektierung, dem Bau und dem Betrieb”<br />
(OPB-73) und “Regeln der nuklearen Sicherheit von Atomkraftwerken”<br />
(PBJ-04-74). Nach der Verabschiedung der “Allgemeinen Bestimmungen <strong>für</strong><br />
Sicherheit” (OPB-82) im Jahre 1982 wurde das Projekt RBMK auch nicht in<br />
Übereinstimmung mit neuen Anforderungen gebracht, was eine eklatante<br />
Verletzung bedeutete.<br />
Zwischen den Projektanten von Reaktoren, zu denen Vertreter<br />
verschiedener Kontruktionsrichtungen gehörten, reifte ein Skandal heran.<br />
Und in Kollektiven der Mitarbeiter von Atomkraftwerken, die sich mit<br />
Reaktorsicherheit beschäftigten – ein Aufruhr. An die Adresse der<br />
Reaktorprojektanten und der Staatlichen Atomenergieaufsichtsbehörde<br />
kamen Dutzende von Briefen mit Kommentaren zu dem Reaktor. Die weitere<br />
Nutzung des RBMK, dessen gefährliche Eigenschaften sich bereits während<br />
der praktischen Einführung gezeigt hatten, war bereits unzulässig. Man<br />
musste die Reaktoren dringend abstellen und die Arbeiten zur Beseitigung<br />
der Konstruktionfehler durchführen. Aus diesem Grunde war der Plan der<br />
Stromerzeugung in der Sowjetunion in Gefahr, mit all seinen Konsequenzen<br />
<strong>für</strong> die Schuldigen dieses Scheiterns. So wurde im Jahr 1984 auf Initiative<br />
des RBMK-Hauptprojektanten und des wissenschaftlichen Leitinstituts<br />
(Kurcatov-Institut) ein Zwischenbehördlicher wissenschaftlich-technischer<br />
Rat <strong>für</strong> Atomenergetik geschaffen. Dieser Rat traf die beispiellose<br />
Entscheidung, die Abweichungen von den Sicherheitsvorschriften<br />
vorübergehend gesetzlich zu “legitimieren” und die Veränderung der<br />
Reaktoren <strong>für</strong> mehrere Jahre <strong>bis</strong> zum Zeitraum der geplanten Rekonstruktion<br />
zu verschieben (“<strong>Tschernobyl</strong>-Katastrophe: Ursachen und Folgen<br />
(Gutachten)” Teil 1, Minsk, 1993, S. 57-58). Mit solch einem einfachen<br />
bürokratischen Weg ist es dem Projektentwickler gelungen, die Verantwortung<br />
auf den zwischenbehördlichen Rat zu verlagern, der erlaubte, mehr als ein<br />
Dutzend leistungsstarke Kernreaktoren, die fatal den Forderungen der<br />
nuklearen Sicherheit widersprachen, weiter zu betreiben.<br />
106