Tschernobyl bis Fukushima - Hilfe für Kinder aus Tschernobyl e. V ...
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Auf der Grundlage der Schlussfolgerungen <strong>aus</strong> dem technischen „Taschen”-<br />
Gutachten darüber, dass die technischen Mittel der Steuerung und des<br />
Schutzes bei Beachtung des Reglements die sichere Funktion des Reaktors<br />
gewährleisteten, wurde das Verfahren gegen die Schöpfer des RBMK<br />
eingestellt. Es verblieb nur ein Kollektiv-Schuldner – das Personal des KKW<br />
<strong>Tschernobyl</strong>.<br />
Den westlichen Journalisten, die dem Gericht beiwohnten, wurde schnell<br />
klar, dass von den wirklichen Schuldigen <strong>aus</strong> der Leitung des sowjetischen<br />
nuklearen Komplexes und seiner medizinisch-ökologischen Dienste die<br />
Verantwortung <strong>für</strong> die globale Katastrophe abgewälzt wurde auf den<br />
„Sündenbock”. Einer von ihnen drückte das ironisch <strong>aus</strong>: „Im sowjetischen<br />
Gericht ist die Anklagebank zu kurz“.<br />
Zum Vergleich: Die Autoren und Produzenten des Reaktors des<br />
amerikanischen KKW Three Mile Island unternahmen keinen Versuch, die<br />
Schuld <strong>für</strong> die Havarie am 28. April 1979 auf das Personal des KKW<br />
abzuwälzen, verstehend, dass die Projektanten die erste Minute des Vorfalls<br />
einige Stunden oder sogar Wochen analysieren können, um das Geschehene<br />
zu verstehen oder die Entwicklung des Prozesses bei Veränderung von<br />
Parametern zu prognostizieren, während der Operator hunderte Gedanken,<br />
Entscheidungen und Aktivitäten beschreiben und beurteilen soll, die im<br />
Verlaufe des Übergangsprozesses unternommen wurden”. Am besten von<br />
allen sprach der Operator P. Frederi, der in der Nacht der Havarie Dienst<br />
hatte, vor dem Gericht das Problem an: „Ein Operator soll nie in eine<br />
Situation kommen, die Ingenieure vorher nicht analysiert haben. Die<br />
Ingenieure sollten niemals eine Situation analysieren, ohne dabei die<br />
Reaktion des Operators in ihr zu berücksichtigen.” Nach diesen Worten<br />
rechtfertigte das amerikanische Gericht den Operator, was niemals ein<br />
„<strong>Tschernobyl</strong>-Gericht” getan hätte.<br />
Lassen wir die „Besonderheiten“ unserer Rechtsprechung beiseite. Bis<br />
zur Havarie im KKW <strong>Tschernobyl</strong> hielten alle den Reaktor RBMK <strong>für</strong> gut,<br />
ohne irgendwelche Vorbehalte. Alle wurden überzeugt, dass der Reaktor<br />
vollständig sicher ist und deshalb kein Grund besteht, ihn in den<br />
Havariebereich einzubeziehen. Volksvermögen wird gespart und weshalb<br />
sollte man es umsonst vergeuden, wenn – „die Ableitung großer<br />
Energiemengen nicht mit technisch sinnvollen Sicherheitssystemen lokalisiert<br />
werden kann“. Und so erwies sich der Reaktor als vollständig zerstört beim<br />
Vorhandensein eines fast nicht durch radioaktive Stoffe verschmutzten,<br />
unzerstörten lokalisierenden Sicherheitssystem, das vorgesehen war <strong>für</strong> die<br />
„Beschränkung der Ausbreitung radioaktiver Stoffe, die im Falle einer<br />
Havarie freigesetzt würden, innerhalb des KKW und auf die Umgebung”. Und<br />
infolge der Explosion ergab sich ein maximaler Fallout an Radioaktivität<br />
(zusammen mit dem Inhalt der aktiven Zone) – nicht weniger als 80 %<br />
(anstelle von 5 %, wenn der Reaktor die Schutzschale eines lokalisierenden<br />
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