Tschernobyl bis Fukushima - Hilfe für Kinder aus Tschernobyl e. V ...
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Kettenreaktionen der Kernspaltung von Uran zu vermeiden. Diese Materialien<br />
konnten in die zerstörte Reaktorhalle nur per Hubschrauber gebracht<br />
werden. Wurde das erwartete Ergebnis dieser Aktion erreicht? Die Meinungen<br />
von Experten über die Wirksamkeit der Hinterfüllung waren diametral<br />
entgegengesetzt. Mehr dazu im nächsten Kapitel.<br />
Tägliches Leben und Medizin<br />
Am ersten Tag, dem 26. April, war uns nicht zum Essen zumute. Aber<br />
schon ab 27. April wurde das Personal des KKW am Arbeitsort versorgt. Ich<br />
weiß nicht, wie die Pakete mit Lebensmitteln und Mineralwasser ins Kraftwerk<br />
gekommen sind, aber es war <strong>für</strong> alle <strong>aus</strong>reichend. Und das Essen im<br />
Pionierlager wurde allmählich einfach <strong>aus</strong>gezeichnet, die Lebensmittel<br />
waren frisch und abwechslungsreich, in der Kantine arbeiteten Köche <strong>aus</strong><br />
der ganzen Sowjetunion.<br />
Wir schliefen auf Betten und Klappbetten. Wir hatten alles Notwendige,<br />
persönliche Hygiene wurde von allen beachtet. In den Unterkünften wurden<br />
Briefe und Zeitungen zugestellt. In den Gebäuden des Lagers und in großen<br />
Zelten wurde die Arbeit der Havariestäbe, der Abt. Arbeitsschutz und<br />
Sicherheitstechnik, der Abt. Planung und Technik, der Ärzte sowie der<br />
Buchhaltung eingerichtet. Alle waren beunruhigt über das Schicksal ihrer<br />
Familien. Deshalb wurde die Arbeit des Informationszentrums zu diesem<br />
Thema sehr sorgfältig organisiert. Nach und nach erfuhr man über die<br />
Lebensbedingungen der Angehörigen in den neuen Wohnorten. Die weiteren<br />
Aussichten wurden aber im Nebel belassen. Wann und wo wir uns mit<br />
unseren Familien treffen können, wussten wir noch nicht. Wir haben uns<br />
nicht verlassen und vergessen gefühlt, zu unserer Unterstützung kamen von<br />
überall her eine große Anzahl von Telegrammen. Viele Menschen wollten als<br />
Freiwillige kommen und an der Liquidation der Folgen der Havarie teilnehmen.<br />
Wir sind auch nicht ohne Aufmerksamkeit der Untersuchungsbehörden<br />
geblieben. Praktisch mit jedem haben sie sehr intensiv gearbeitet. Ich<br />
spürte, dass ich, wie viele KKW-Fachleute, <strong>für</strong> die Rolle eines potenziellen<br />
Täters der Havarie “anprobiert” wurde. Und nur mein Aufenthalt in Moskau<br />
während der gesamten Woche vor der Havarie befreite mich vor der Anklage<br />
und vor Strafen. Aber ich freute mich zu früh. Bald, am 15.05.86 hat der<br />
KPdSU-Generalsekretär Mihail Gorbatschow, ohne auf das Ende der<br />
Untersuchung des offiziell eingeleiteten Strafverfahrens zu warten, das<br />
KKW-Personal als Schuldigen der Havarie genannt. Das bedeutete, dass an<br />
der Explosion des Reaktors auch ich schuld bin.<br />
Weniger Glück als ich hatte der Chef der Abteilung <strong>für</strong> Planung und<br />
Technik Aleksandr Davidovic Gellerman, der auch eine W oche auf<br />
Dienstreise war und morgens am 26. April wieder nach Pripjat’, also nach der<br />
Explosion des 4. Blocks zurückkehrte. Man hat ihm die Schuld <strong>für</strong> Ablauf des<br />
Testprogramms am Block 4, das in der verhängnisvollen Nacht der Havarie<br />
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