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Im Zwielicht der Zeit - Buch ist mehr - Verlag 3.0

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»Weißt du«, Paul sah Gertrud offen an, »diese<br />

Träume kommen immer wie<strong>der</strong>, fast jede Nacht ...« Er<br />

senkte den Blick. »Es <strong>ist</strong> schrecklich.«<br />

Gertrud schenkte ihrem Bru<strong>der</strong> eine zweite Tasse<br />

Malzkaffee ein. »Wenn dir danach <strong>ist</strong>, dann erzählst du<br />

mir einmal alles, ja? Wenn du willst.«<br />

Eine <strong>Zeit</strong> lang sprach keiner <strong>der</strong> beiden ein Wort.<br />

Stumm kauten sie an ihren Marmeladebroten. Dann<br />

sagte Paul in die Stille hinein: »Die me<strong>ist</strong>en von uns<br />

haben solche Albträume.« Er schwieg wie<strong>der</strong>. Gertrud<br />

schien es, als wolle er seine Gedanken sammeln. Sie<br />

wartete und sagte nichts.<br />

»<strong>Im</strong> Lazarett ...«, begann er stockend von Neuem, »...<br />

du kannst es dir nicht vorstellen ... in je<strong>der</strong> Ecke und auf<br />

den Fluren Metallbetten, und Matratzen und Strohsäcke<br />

auf dem Boden. Eine Luft zum Schneiden, heiß und<br />

stickig. Und überall Fliegen, angelockt von dem vielen<br />

Blut.« Gertrud sah den Ekel, den er jetzt noch empfand,<br />

auf seinem Gesicht. »Und das Stöhnen ... und die<br />

Schreie ... Ich weiß, auch ich habe geschrien, wenn die<br />

Albträume kamen ...« Er brach ab. Sein Gesicht<br />

verschloss sich wie<strong>der</strong>, als wolle er niemandem Zugang<br />

gewähren zu dieser Hölle, die er durchlebt hatte, auch<br />

seiner Schwester nicht. Gertrud blieb noch einen<br />

Augenblick sitzen, dann stand sie wortlos auf, räumte<br />

das Geschirr ab und trug es in die Küche. In <strong>der</strong><br />

nächsten <strong>Zeit</strong> setzte sie sich immer wie<strong>der</strong> einmal an den<br />

Flügel und spielte ihre Sonaten und Chopin-Etüden,<br />

aber auch Stücke, die sie einst mit Paul zusammen<br />

gespielt hatte. Sie hoffte, dadurch sein Interesse an <strong>der</strong><br />

Musik wie<strong>der</strong> zu wecken. Tagelang hörte er ihr nur zu.<br />

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