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Im Zwielicht der Zeit - Buch ist mehr - Verlag 3.0

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Gesicht. Die Fältchen an seinen Augenwinkeln<br />

vermittelten den Eindruck, dass er gern lachte.<br />

»Kommen Sie herein, lieber Kollege.« Der Hausherr<br />

führte ihn in den Salon. »Gertrud wird uns zunächst<br />

etwas auf dem Klavier spielen. Da haben Sie <strong>Zeit</strong> zu<br />

verschnaufen, und Ihr Instrument kann sich an die<br />

Zimmertemperatur gewöhnen.« Oertel, Reisinger und<br />

Emmy nahmen in den Sesseln Platz, Paul und Wilhelm<br />

Zeidler setzten sich auf die Stühle, die für die<br />

Quartettspieler bestimmt waren.<br />

Gertrud, die schon bei Hochschulkonzerten<br />

öffentlich gespielt hatte, ging ohne Scheu und völlig<br />

unbefangen zum Flügel und setzte sich auf den Hocker.<br />

Noten brauchte sie nicht, sie konnte die Stücke<br />

auswendig. Sie konzentrierte sich kurz und begann mit<br />

<strong>der</strong> »Träumerei« aus den Kin<strong>der</strong>szenen von Schumann.<br />

Mit weichem Anschlag, sanft und voller Innigkeit ließ<br />

sie die ersten Takte erklingen. Etwas Schwebendes, ja,<br />

fast etwas Märchenhaftes lag über ihrem Spiel. Die<br />

Zuhörer fühlten sich wie verzaubert und in eine an<strong>der</strong>e<br />

Welt entrückt. Mit tiefem Empfinden und musikalischer<br />

Sensibilität gestaltete sie die Melodiebögen, indem sie<br />

vor einer aufwärts strebenden Linie immer ein bisschen<br />

verzögerte, so als ob die Kräfte erst gesammelt werden<br />

müssten, die sich zum Höhepunkt aufschwingen. Leicht<br />

und ohne jede Anstrengung schienen ihre Finger die<br />

Tasten zu bewegen. Sie selbst war ganz versunken in ihr<br />

Spiel, und ihre Versunkenheit teilte sich auch den<br />

Zuhörern mit.<br />

Die nächsten beiden Stücke kamen munter und<br />

lebhaft daher. Mit kraftvollen Akkorden <strong>der</strong> »Ritter vom<br />

Steckenpferd«, mit übermütigen, leichtfüßigen<br />

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