14.02.2014 Aufrufe

Im Zwielicht der Zeit - Buch ist mehr - Verlag 3.0

Im Zwielicht der Zeit - Buch ist mehr - Verlag 3.0

Im Zwielicht der Zeit - Buch ist mehr - Verlag 3.0

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

er zwar an den Wochenenden nach Harzburg, ohne<br />

jedoch einen Fuß in sein Haus zu setzen. Er machte<br />

stundenlang einsame Wan<strong>der</strong>ungen durch die Wäl<strong>der</strong><br />

und über die Harzberge, aber abends kam er stets wie<strong>der</strong><br />

mit dem letzten Zug in Braunschweig an. Er brauchte<br />

die Einsamkeit in <strong>der</strong> Natur, um sich wie<strong>der</strong>zufinden<br />

und um seinen Schmerz zu verarbeiten. Über Gefühle<br />

zu reden, im Gespräch mit an<strong>der</strong>en Trost zu suchen war<br />

seinem Charakter fremd. Zeigte er sich in seiner<br />

beruflichen und gesellschaftlichen Stellung auch<br />

aufgeschlossen und wortgewandt, seine innersten<br />

Empfindungen verschloss er vor an<strong>der</strong>en Menschen tief<br />

in seinem Herzen. Das Bild, das er von sich selbst hatte,<br />

war das einer starken Persönlichkeit. Die verletzliche<br />

Seite seines Wesens gestand er sich nicht ein. Er lehnte<br />

es ab, vor an<strong>der</strong>en Schwäche zu zeigen. Nur Leonore<br />

hatte wissen dürfen, dass auch er verwundbar war.<br />

In dem großen Haus herrschte eine düstere<br />

Stimmung. Es war nicht allein die gewittrige Schwüle<br />

<strong>der</strong> Augusthitze, die alles lähmte. Gertrud hatte das<br />

Gefühl, dass in allen Ecken die Trauer saß, wie eine<br />

lebensfeindliche, unerbittliche Göttin, und sie anstarrte.<br />

Sie vermisste ihre Mutter unendlich. Wenn Leonore<br />

Oertel auch in den letzten Jahren immer stiller geworden<br />

war, so hatte sie doch mit ihrem freundlichen, etwas<br />

müden Lächeln und mit ihrer leisen Stimme, die voller<br />

Anteilnahme war, Wärme und Zärtlichkeit verbreitet.<br />

Gertrud empfand deutlich mit jener hellsichtigen<br />

Klarheit, die durch starke Erschütterungen<br />

hervorgerufen werden kann, dass sie mit ihrer Mutter<br />

einen wesentlichen Teil ihres Lebens unwi<strong>der</strong>ruflich<br />

16

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!