Im Zwielicht der Zeit - Buch ist mehr - Verlag 3.0
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Vater hat jetzt immer öfter Magenschmerzen. Er kann<br />
das Kartoffelbrot nicht vertragen. Emmy backt ihm<br />
deshalb Brot ohne Kartoffelzusatz. Sie <strong>ist</strong> überhaupt <strong>der</strong><br />
gute Ge<strong>ist</strong> in unserem Haus. Was würden wir ohne sie<br />
anfangen! Ich glaube nicht, dass ich mit dem Wenigen,<br />
das wir haben, einen Haushalt führen könnte; noch dazu,<br />
wo alles so teuer geworden <strong>ist</strong>.<br />
Wie schön habe ich mir noch vor kurzer <strong>Zeit</strong> mein<br />
Leben vorgestellt: Glücklich verheiratet als Frau<br />
Zeidler, mit einem lieben Mann und niedlichen Kin<strong>der</strong>n<br />
– und wie an<strong>der</strong>s <strong>ist</strong> alles gekommen, wie furchtbar<br />
an<strong>der</strong>s! An manchen Tagen bin ich so deprimiert, dass<br />
ich mich am liebsten in eine dunkle Ecke verkriechen<br />
möchte, wo ich nichts <strong>mehr</strong> höre und sehe. Aber die<br />
traurigen Gedanken lassen sich nicht vertreiben.<br />
Oertels saßen beim Mittagessen. Schweigend<br />
löffelten sie ihre Suppe, die nur aus Kartoffeln und<br />
Wasser bestand. Butter war knapp und teuer und oft nur<br />
durch langes Schlangestehen zu bekommen, genauso<br />
wie Eier und Milch. Und Fleisch wurde zu so hohen<br />
Preisen verkauft, dass Emmys Haushaltsgeld dafür nicht<br />
immer ausreichte. Sie hatte sich zwar bemüht, <strong>der</strong><br />
dünnen Suppe mit getrockneten Kräutern aus dem<br />
Harzburger Garten etwas <strong>mehr</strong> Farbe und Geschmack<br />
zu geben, aber nahrhafter wurde sie dadurch nicht.<br />
Draußen wehte ein kalter Nordostwind und trieb mit<br />
seinen Böen immer wie<strong>der</strong> Schneeregen- und<br />
Graupelschauer gegen die Fensterscheiben. Nun <strong>ist</strong> es<br />
bereits März, aber vom Frühling keine Spur, dachte<br />
Gertrud missmutig.<br />
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