Im Zwielicht der Zeit - Buch ist mehr - Verlag 3.0
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dem sie gerade strickte, in den Schoß sinken und sah die<br />
an<strong>der</strong>en fragend an. Sie hatte rötliches, lockiges Haar<br />
und eine helle Haut. Zu ihrem Kummer hatte sie um die<br />
Nase herum etliche Sommersprossen, doch ihre<br />
hellblauen Augen blickten fröhlich und<br />
unternehmungslustig in die Welt.<br />
»So richtig als Krankenschwester?«, fragte Anni.<br />
»O<strong>der</strong> nur für den Dienst am Bahnhof, Tee ausschenken<br />
und Brote verteilen?«<br />
»Ja, als Krankenschwester.« Olga nahm ihr<br />
Strickzeug wie<strong>der</strong> auf. »Zunächst mache ich eine kurze<br />
Ausbildung, dann werde ich wohl als Hilfsschwester<br />
arbeiten können.«<br />
»An <strong>der</strong> Front?«, fragte Gretchen mit großen Augen.<br />
Sie war etwas naiv und sah ihre Freundin ängstlich an.<br />
Olga lachte. »Ich denke, dass ich in Braunschweig<br />
bleiben werde. Schließlich haben wir hier ja<br />
fünfundzwanzig Lazarette.«<br />
»Haben deine Eltern nichts dagegen? Ich meine, es<br />
sind ja immerhin Männer, die du dann betreust.« Gertrud<br />
dachte an ihren Vater und seine Ansichten darüber, was<br />
sich für eine junge Frau schickt.<br />
»In Notzeiten, wie wir sie jetzt erleben, muss je<strong>der</strong><br />
tun, was er kann«, sagte Olga voller Überzeugung.<br />
»Meine Eltern denken genauso. Wie viele Frauen haben<br />
sogar Männerarbeit übernommen, wenn ihr mal an die<br />
Briefträgerinnen, Straßenbahnschaffnerinnen und die<br />
Frauen in den Fabriken denkt. Und was <strong>ist</strong> schließlich<br />
schon dabei, wenn ich Männer im Bett liegen sehe.« Sie<br />
lachte und machte eine wegwerfende Handbewegung.<br />
»Sie sind doch verwundet.«<br />
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