Im Zwielicht der Zeit - Buch ist mehr - Verlag 3.0
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»Möchtest du auch eine?« Mit einem anzüglichen<br />
Lächeln hielt ihr ein junger Mann in einem fantasievoll<br />
bestickten Umhang, <strong>der</strong> wie ein japanischer Kimono<br />
aussah, sein Etui hin.<br />
»Danke. Ich rauche zwar nicht, aber warum soll ich<br />
es nicht einmal probieren?« Sie griff nach einer<br />
Zigarette.<br />
»Probier eine an<strong>der</strong>e«, Anni hielt Gertruds Hand<br />
zurück, »für den Anfang sind diese ein bisschen stark.«<br />
Eine dickliche Brünette in einem schulterfreien Kleid<br />
mit langen Fransen am Rock lachte.<br />
»Es <strong>ist</strong> etwas drin ... Wenn du das nicht gewöhnt b<strong>ist</strong>,<br />
kann es dich umwerfen. Aber ich fühle mich gut, wenn<br />
ich ein paar Züge intus habe.«<br />
Sie streckte sich und verdrehte genießerisch die<br />
Augen. Gertrud zog unsicher ihre Hand zurück.<br />
Plötzlich war Marcel wie<strong>der</strong> da und lächelte ihr zu.<br />
»Komm, ich zeige dir meine Bil<strong>der</strong>.« Er führte sie zu<br />
<strong>der</strong> Staffelei, die hinten im Raum stand, und nahm das<br />
Tuch weg. Das Bild zeigte eine Straßenszene. Zwei<br />
grellbunt angezogene Mädchen mit gewöhnlichen,<br />
maskenhaft geschminkten Gesichtern boten sich in<br />
eindeutiger Weise einem eleganten korpulenten Herrn<br />
an, offensichtlich ein Kriegsgewinnler o<strong>der</strong> Schieber.<br />
<strong>Im</strong> Hintergrund war ein Krüppel zu sehen, ein Mann in<br />
abgerissener Soldatenuniform, <strong>der</strong> auf Krücken ging,<br />
weil ihm ein Bein fehlte. Gertrud war betroffen. Sie<br />
konnte nichts sagen. Die Brutalität, mit <strong>der</strong> Marcel ohne<br />
jede Beschönigung die Wirklichkeit dargestellt hatte,<br />
ließ sie erschauern. Sie verstand auf einmal, warum die<br />
Dada<strong>ist</strong>en die Welt verän<strong>der</strong>n wollten. Die Armseligkeit<br />
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