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Im Zwielicht der Zeit - Buch ist mehr - Verlag 3.0

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Am nächsten Morgen machten sich die beiden<br />

Frauen schon früh auf den Weg zum Bahnhof. Als<br />

Gertrud Emmy erblickte, die zum Ausgehen fertig<br />

angezogen war, musste sie unwillkürlich lachen. Sie sah<br />

aber auch zu komisch aus in ihrem alten Pelzmantel mit<br />

dem Rucksack auf dem Rücken.<br />

»In diesen <strong>Zeit</strong>en kann man nicht eitel sein. Kommen<br />

Sie, sonst verpassen wir den Zug«, sagte Emmy<br />

energisch.<br />

Gertrud schlüpfte in ihren knöchellangen Mantel aus<br />

hellgrauem Tuch und band einen rosafarbenen<br />

Wollschal um den Hals. Auf dem Kopf trug sie eine<br />

graue Pelzmütze, unter <strong>der</strong> ihre dunkelbraunen Locken<br />

keck hervorguckten.<br />

Es war ein nasskalter, trüber Tag. Die Lokomotive<br />

stand schon unter Dampf, als sie auf den Bahnsteig<br />

kamen. So viele Leute, wun<strong>der</strong>te sich Gertrud. Wo<br />

kommen die nur alle her, so früh am Morgen? Von allen<br />

Seiten strömten Frauen, alte Männer und Jungen, die<br />

nicht älter sein mochten als fünfzehn o<strong>der</strong> sechzehn<br />

Jahre, herbei. Die an<strong>der</strong>en Männer sind alle im Krieg.<br />

Mit einem schneidenden Schmerz musste sie an<br />

Wilhelm denken. Die Menschen hatten die gleiche<br />

Absicht wie sie; man sah es an den Taschen,<br />

Rucksäcken und Milchkannen, die sie mit sich führten.<br />

Sie drängten in die Abteile. Gertrud wurde von hinten<br />

gestoßen und geschoben und fand schließlich mit Mühe<br />

einen Platz neben einer dicken Frau, die einen großen<br />

Korb auf ihrem Schoß hielt. Sie fühlte sich eingeengt<br />

und unbehaglich, aber ihre Nachbarin machte sich<br />

ungeniert breit. Gertrud warf Emmy, die ihr<br />

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