Im Zwielicht der Zeit - Buch ist mehr - Verlag 3.0
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Gertrud druckste ein bisschen herum, aber dann gab<br />
sie sich einen Ruck und nahm sich zusammen. Sicher<br />
und selbstbewusst kam es von ihren Lippen: »Ich<br />
möchte einen Kursus in Stenografie und<br />
Maschinenschreiben machen. Hast du etwas dagegen,<br />
Vater?«<br />
Oertels Miene verdüsterte sich jäh. »Wie kommst<br />
du denn auf so eine unsinnige Idee?« Ungläubig sah er<br />
seine Tochter an.<br />
»Ich kann doch nicht immer nur zu Hause sitzen.« In<br />
Gertruds Stimme lag etwas Flehendes. »Ich werde auch<br />
älter. Was soll aus mir werden? Wenn ich einen Beruf<br />
hätte ...«<br />
»Schlag dir das aus dem Kopf«, unterbrach Oertel sie<br />
barsch. »Du wirst eines Tages heiraten, und bis dahin <strong>ist</strong><br />
dein Platz hier in <strong>der</strong> Familie.« Er stand auf und schob<br />
den Stuhl heftiger zurück, als es notwendig gewesen<br />
wäre. Seine gute Laune war verflogen. Ohne noch ein<br />
Wort zu sagen, ging er aus dem Zimmer.<br />
Paul hatte die ganze <strong>Zeit</strong> stumm dabei gesessen. Nun<br />
nahm er Gertruds Hand und streichelte sie. »Er <strong>ist</strong> nun<br />
einmal so, nimm es nicht so schwer. Eines Tages<br />
vielleicht än<strong>der</strong>t er seine Meinung.«<br />
»Das glaube ich nicht.« Mutlos und enttäuscht zog<br />
Gertrud ihre Hand zurück.<br />
»Genug für heute, hören wir auf.« Erschöpft legte<br />
Paul die Geige beiseite und ließ sich in einen Sessel<br />
sinken. Gertrud sah ihn besorgt an. Sie verstand, dass<br />
seine Kräfte begrenzt waren. Die Geschw<strong>ist</strong>er hatten<br />
eine Stunde lang an einer Mozart-Sonate geübt, die sie<br />
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