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Im Zwielicht der Zeit - Buch ist mehr - Verlag 3.0

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Heiterkeit, die sie am Morgen noch empfunden hatte,<br />

alle Leichtigkeit und Beschwingtheit, die sie auf dem<br />

Weg nach oben begleitet hatte, war von ihr abgefallen.<br />

Die ungewohnte Anstrengung drückte auf ihr Gemüt.<br />

Alles machte auf einmal keinen Spaß <strong>mehr</strong>. Missmutig<br />

betrachtete sie die Heidelbeeren in ihrem Eimer. Was <strong>ist</strong><br />

das nur für eine langweilige, monotone Tätigkeit, dachte<br />

sie seufzend, und das jetzt noch stundenlang! Aber ich<br />

will Emmy nicht enttäuschen. Verbissen pflückte sie<br />

weiter. Der Wald erschien ihr auf einmal finster und<br />

drohend, die Sonne grell und feindselig. Die<br />

kräftezehrende Arbeit in <strong>der</strong> Hitze hatte die Fröhlichkeit<br />

des Morgens in eine düstere Stimmung verwandelt. Sie<br />

ließ traurige Erinnerungen lebendig werden und erfüllte<br />

Gertrud mit schwermütigen Gedanken. Wie glücklich<br />

war ich doch noch vor einem Jahr, als Wilhelm mich<br />

fragte, ob ich seine Frau werden wollte. Und nicht<br />

einmal drei Monate später war er tot! Ihre Augen füllten<br />

sich mit Tränen. Als sie die Wangen hinabrollten,<br />

vermischten sie sich mit den Schweißtropfen auf ihrem<br />

Gesicht. Sie nahm ihre Umgebung nur wie durch einen<br />

Schleier wahr und achtete nicht darauf, was sie tat.<br />

Mechanisch arbeiteten ihre Finger weiter, als gehörten<br />

sie nicht zu ihr, als hätten sie sich selbstständig gemacht<br />

und nähmen nicht teil an den Gefühlen, die sie<br />

bewegten. Unermüdlich streiften sie die Beeren vom<br />

Heidelbeerkraut, während Gertrud in ihre Gedanken<br />

versponnen war wie die Puppe einer Seidenraupe in<br />

ihren Kokon. Wenn dieser Krieg nicht gekommen wäre,<br />

dann wäre ich jetzt vielleicht schon verheiratet, hätte<br />

einen eigenen Haushalt und sicher bald auch ein Kind.<br />

Wie schön wäre es, für eine eigene Familie sorgen zu<br />

können! Wahrscheinlich würde ich dann viel lieber<br />

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