14.02.2014 Aufrufe

Im Zwielicht der Zeit - Buch ist mehr - Verlag 3.0

Im Zwielicht der Zeit - Buch ist mehr - Verlag 3.0

Im Zwielicht der Zeit - Buch ist mehr - Verlag 3.0

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Er blieb noch einen Augenblick sitzen, dann stand er<br />

plötzlich auf und ging schweigend aus dem Zimmer.<br />

Was muss er durchgemacht haben, was muss er immer<br />

noch mit sich herumtragen! Nachdenklich räumte<br />

Gertrud die Noten zusammen und klappte den Flügel zu.<br />

Auch ich habe keinen Mittelpunkt in meinem Leben,<br />

ging es ihr durch den Sinn. Auch ich muss mich neu<br />

zurechtfinden. Seit Wilhelms Tod lebe ich ohne Ziel nur<br />

so dahin. Ich habe zwar meine Aufgaben hier im Haus,<br />

aber Emmy und Vater kämen auch ganz gut ohne mich<br />

zurecht. Soll es immer so weitergehen? Soll ich unter<br />

Vaters Fittichen als höhere Tochter auf einen Mann<br />

warten, <strong>der</strong> vielleicht nie kommen wird? Nach<br />

Wilhelms Tod steht mir auch <strong>der</strong> Sinn gar nicht nach<br />

einem an<strong>der</strong>en Mann. Sie setzte sich in den Sessel am<br />

Fenster. Gedankenverloren starrte sie hinaus, ohne<br />

etwas zu sehen. Wenn ich einen Beruf hätte ... Ich<br />

möchte ein eigenes Leben führen, unabhängig sein. Ein<br />

leidenschaftlicher Wunsch nach einem<br />

selbstbestimmten Leben erfüllte sie plötzlich. Er<br />

durchdrang ihr ganzes Sein. Ihr war fast schwindlig. Ja,<br />

wenn ich einen Beruf hätte ... Wenn ich Lehrerin würde<br />

wie Anni ... Aber nein, das könnte ich, glaube ich, nicht.<br />

Kin<strong>der</strong> unterrichten ... eine verantwortungsvolle<br />

Aufgabe ... Aber man muss sich auch durchsetzen<br />

können. Ob ich dem gewachsen wäre? Sie sann eine<br />

Weile vor sich hin. Krankenschwester ... ein schöner,<br />

doch auch schwieriger Beruf, wenn ich daran denke,<br />

was Paul aus dem Lazarett erzählt hat. Sie stützte den<br />

Kopf in beide Hände und blieb eine Weile so sitzen. Ihr<br />

Inneres war erfüllt von wi<strong>der</strong>streitenden Gefühlen. Ein<br />

sehnsüchtiges Suchen nach dem Sinn und dem Ziel ihres<br />

117

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!