Im Zwielicht der Zeit - Buch ist mehr - Verlag 3.0
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errötete, aber gleichzeitig war sie sehr stolz auf das Lob,<br />
das sie in den Augen ihres Vaters lesen konnte. Der<br />
Beifall und die Stimmen <strong>der</strong> übrigen Anwesenden rissen<br />
Wilhelm Zeidler aus seiner Verzauberung. Spontan<br />
applaudierte auch er. Wie gern wäre er aufgestanden, zu<br />
ihr hingegangen, um ihr zu sagen, wie sehr er sie<br />
bewun<strong>der</strong>te, aber das wagte er nicht. Er hätte ihr die<br />
Hand küssen mögen, um ihr seine Gefühle zu zeigen,<br />
aber das war ganz unmöglich. Nun formierte sich das<br />
Quartett. Oertel begann souverän, mit vollem, warmem<br />
Ton. Gertrud horchte auf, und ihr Herz schlug höher.<br />
Wie gut, dachte sie, dass ich Vater überreden konnte,<br />
wie<strong>der</strong> Musik zu machen. Sie wird ihm helfen, seine<br />
Trauer zu überwinden. Professor Reisinger mit seiner<br />
Bratsche, das Zusammenspiel mit seinem Kollegen<br />
gewöhnt, folgte dem Cello mühelos. Paul war ängstlich<br />
und nervös und verpasste den ersten Einsatz, woraufhin<br />
<strong>der</strong> Vater abwinkte und ärgerlich »noch mal von vorn«<br />
brummte. Der Junge bekam feuchte Hände und einen<br />
roten Kopf, aber er nahm sich zusammen und war dieses<br />
Mal rechtzeitig da. Als dann etwas später die erste Geige<br />
einsetzte, war es, als ob die Sonne aufging. Wilhelm<br />
eroberte sich mit seinem strahlenden Geigenklang,<br />
seinem ausdrucksvollen Spiel, das bei allem Gefühl,<br />
welches er hineinlegte, immer klar und durchsichtig und<br />
sauber intoniert blieb, sofort die Herzen <strong>der</strong> Zuhörer und<br />
<strong>der</strong> Mitspieler. Und jetzt ging es Gertrud so, wie es ihm<br />
vorhin gegangen war: Sie konnte den Blick nicht<br />
abwenden von dem schlanken, gut aussehenden jungen<br />
Mann, <strong>der</strong> wie verwachsen schien mit seiner Geige.<br />
Eine blonde Haarsträhne fiel ihm ins Gesicht, aber er<br />
merkte es nicht. Gertrud meinte zu spüren, dass die<br />
Musik vollständig von ihm Besitz ergriffen hatte.<br />
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