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Im Zwielicht der Zeit - Buch ist mehr - Verlag 3.0

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an. Für einen Moment glaubte er, in ihren Augen ein<br />

triumphierendes Aufblitzen zu erkennen.<br />

Wie<strong>der</strong> schwiegen beide. Oertel starrte vor sich hin<br />

auf die mit Schriftstücken bedeckte Schreibtischplatte,<br />

ohne etwas davon wahrzunehmen. Gertrud hatte die<br />

Augen gesenkt. Sie verkrampfte die Hände in ihrem<br />

Schoß und presste die Finger aneinan<strong>der</strong>, sodass die<br />

Knöchel weiß wurden. Keiner von beiden sah zu dem<br />

an<strong>der</strong>en hin. Schließlich hielt Gertrud die gespannte<br />

Atmosphäre nicht <strong>mehr</strong> aus. In einem versöhnlicheren<br />

Ton wandte sie sich an den Vater: »Unsere Freunde sind<br />

aufgeschlossene junge Leute, an allen aktuellen<br />

Problemen interessiert, sie sind ge<strong>ist</strong>reich, witzig,<br />

amüsant, man kann mit ihnen unbeschwert fröhlich sein.<br />

Es sind eben mo<strong>der</strong>n denkende Menschen.«<br />

»Das kennt man ja«, sagte Oertel bissig. »Mo<strong>der</strong>ne<br />

Ansichten! Kommun<strong>ist</strong>isches Gedankengut, lockere<br />

Moralvorstellungen – das alles bezeichnet man heute als<br />

mo<strong>der</strong>n. Künstler sind da beson<strong>der</strong>s anfällig. Such dir<br />

deine Freunde in unseren Kreisen, ehe du völlig auf die<br />

schiefe Bahn gerätst. Du wirst dir dein ganzes späteres<br />

Leben ruinieren, wenn du so weitermachst wie bisher.«<br />

Was ich mit meinem Leben anfange, <strong>ist</strong> einzig und<br />

allein meine Angelegenheit, wollte sie aufbegehren.<br />

Doch sie beherrschte sich und hielt den Mund, um den<br />

Vater nicht noch <strong>mehr</strong> zu reizen. Bil<strong>der</strong> stiegen vor<br />

ihrem inneren Auge auf. Diese Söhne und Töchter aus<br />

›unseren Kreisen‹, wie langweilig sind sie doch! Und<br />

die Diners, zu denen ich manchmal eingeladen werde ...<br />

Die ganze <strong>Zeit</strong> muss ich steif auf einem Stuhl sitzen und<br />

mir anhören, wie die Damen über Dienstbotenprobleme,<br />

Kochrezepte und Kin<strong>der</strong>erziehung schwatzen. Und die<br />

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