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Katastrophen machen Geschichte - oapen

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Wallfahrt und Kreuzgang<br />

18. Jahrhunderts wandelte sich diese Vorstellung allmählich. 5 Nunmehr wurde<br />

vermehrt das Bild eines gütigen Gottes gezeichnet, der die Menschen vor Unheil<br />

bewahrte und schützte. Daneben bestand die Vorstellung fort, Gott sei über die<br />

Menschen zornig und bringe daher <strong>Katastrophen</strong> über das Land. 6<br />

Wie hat die bayerische Geistlichkeit vor diesem religionsgeschichtlichen Hintergrund<br />

den Ausbruch von Rinderseuchen erklärt und wie ist sie damit umgegangen?<br />

Die bayerischen Pfarrer und geistlichen Beamten setzten sich vielfach<br />

mit der Deutung und Bewältigung seuchenartiger Erkrankungen bei Rindern und<br />

anderem Vieh auseinander. Dabei verbanden sie zum Teil religiöse und natürliche<br />

Bewältigungsmaßnahmen miteinander. 1712 vermerkte beispielsweise die<br />

passauische Diözesanverwaltung, dass „[…] neben denen natürlich und löbl.<br />

mitlen zugleich die geist. ergriffen, und besondist da […] zu denen behörigen<br />

heilligen Benedictionibi 7 genommen und gescherft werde […].“ 8 Geistliche und<br />

natürliche Mittel wurden hier gleichwertig nebeneinander gestellt. Somit wurde<br />

kein Widerspruch zwischen beiden Deutungs- und Bewältigungsebenen gesehen.<br />

Dennoch dominierten in der bayerischen Geistlichkeit religiöse Vorstellungen.<br />

Dementsprechend ging der kurbayerische Geistliche Rat in einer Verordnung<br />

von 1736 davon aus, dass Gott aus Zorn über die Sünden der Bevölkerung<br />

den Ausbruch einer Seuche bewirkt habe. „Zur Besännftigung des gerechten<br />

GOttes, welcher unser liebes Vatterland schon in das zweyte Jahr durch den biß<br />

auf diese Stund annoch anhaltenden leydigen Vich-Fall ie länger ie empfindlicher<br />

straffet […]“ 9, solle man in den Kirchen regelmäßige Gebete durchführen. Hier<br />

war also die Vorstellung noch maßgeblich, ein strafender Gott wolle die Menschen<br />

bestrafen. Erst durch regelmäßiges Beten könne er besänftigt, die Rinderseuche<br />

mithin eingedämmt werden. Ein ähnliches Gottesbild vertrat die Diözesanverwaltung<br />

Eichstätt, die nach dem Ausbruch einer Rinderseuche eine allgemeine<br />

Andacht anordnete. Dadurch könne die „[...] Besänfftigung des durch<br />

Sünd und Müssethatten belaidigten Gottes […]“ 10 erreicht werden. Daneben gab<br />

es bayerische Geistliche, welche weniger stark das Bild des strafenden Gottes<br />

zeichneten, sondern ihn als schützende Instanz beschrieben, welche einen Ort<br />

5 Vgl. Gestrich, A. (2003): Religion in der Hungerkrise von 1816/1817. In: Jakubowski-Tiessen, M. /<br />

Lehmann, H. (Hg.): Um Himmels Willen. Religion in <strong>Katastrophen</strong>zeiten, Vandenhoeck & Ruprecht:<br />

Göttingen, S. 275-293, S. 279.<br />

6 Vgl. Jakubowski-Tiessen: Gotteszorn, S. 113.<br />

7 Benediktionen sind Segnungen, vgl. Heckel, Ulrich (2008): Segen. In: Horn, F. W. / Nüssel, F.<br />

(Hg.): Taschenlexikon Religion und Theologie. Band 3: O-Z, Vandenhoeck & Ruprecht: Göttingen 5,<br />

S. 1082-1086, S. 1085.<br />

8 Archiv des Bistums Passau (ABP) PfA Winzer, Nachlieferung 1993, 45 Konzept der Diözese Passau<br />

vom 17. August 1712.<br />

9 Bayerisches Hauptstaatsarchiv (Bay HStA) GR Fasz. 1209/Nr. 17 Mandat des Geistlichen Rates<br />

vom 30. Dezember 1736.<br />

10 Diözesanarchiv Eichstätt (DAE) Akt 4 ff Konzept der Diözese Eichstätt von 1742.<br />

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