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Katastrophen machen Geschichte - oapen

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18<br />

3.2 Materiell orientierte Bewältigung<br />

Verena Twyrdy<br />

Die materiell orientierte Strategie zur Bewältigung von Naturkatastrophen zielt<br />

darauf ab, die Auswirkungen der Schadensereignisse in der betreffenden Region zu<br />

mildern bzw. die entstehenden finanziellen Belastungen auszugleichen oder möglichst<br />

gering zu halten.<br />

Nach dieser Definition sind zu dieser materiell orientierten Krisenbewältigung u. a.<br />

Kollekten, Sammlungen und Spendenmaßnahmen zu zählen, die im Anschluss an viele<br />

Schadensereignisse vorgenommen wurden. Und ebenso beabsichtigte man durch den<br />

Abschluss von Elementarversicherungen, die finanziellen Belastungen, die in der Folge<br />

einer Naturkatastrophe auftreten konnten, zu vermeiden. Im Folgenden sollen solche<br />

materiell orientierten Strategien am Beispiel von Spendensammlungen und der<br />

Hagelversicherung exemplarisch untersucht werden.<br />

Abgesehen von vereinzelten kleineren Aufrufen zu Spendensammlungen, die<br />

vielmehr in Form von Kollekten in Kirchen auch schon im 14. und 15. Jahrhundert<br />

beispielsweise in Süddeutschland gesammelt wurden, 10 und damit gewiss eher<br />

Charakterzüge einer religiösen Form der Bewältigung von <strong>Katastrophen</strong> trugen,<br />

kamen Spendenaufrufe in größerem Umfang und mit einer überregionalen Ausweitung<br />

der Hilfegesuche erst ab dem späten 18. Jahrhundert auf. Hinzu kommt, dass<br />

sich nach der Ausbreitung des Mediums der periodischen Presse zum einen die<br />

Raum-Zeit-Relationen drastisch veränderten und zum anderen erst eine Kommunikation<br />

außerhalb der ohnehin schon betroffenen und gewiss nicht zu Spenden in<br />

der Lage gewesenen Region hergestellt werden konnte. Diese „mediale Infrastruktur“<br />

war zumindest im 14. und 15. Jahrhundert zu Zeiten der Kollektensammlungen<br />

noch nicht gegeben. Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als ein<br />

größeres Aufkommen von Spendenmaßnahmen festzustellen war, dürfte sie sich<br />

aber schon seit geraumer Zeit manifestiert haben.<br />

Die weltweite Solidarität mit <strong>Katastrophen</strong>opfern hat ihren vorläufigen Höhepunkt<br />

gewiss in den Spendensammlungen für die Opfer der Tsunami-Katastrophe<br />

von 2004 gefunden. Solchen Spendenaufrufen kommt dabei die Tatsache zugute,<br />

dass Naturkatastrophen sich häufig als „emotionsträchtige Ereignisse mit einem<br />

maximalen Aufmerksamkeitspotenzial“ 11 darstellen. Der erwähnten Berichterstattung<br />

in den Medien, lässt sich dabei stets eine überdurchschnittliche Rolle zusprechen,<br />

da sie in der Lage ist, die gesamte Bevölkerung zu erreichen und damit erst<br />

eine Spendenmaschinerie in Gang zu setzen.<br />

So wurde auch in der Vormoderne von den Medien unmittelbar auf <strong>Katastrophen</strong><br />

reagiert. Diese Reaktionen äußerten sich zunächst noch als reine Situationsberichte,<br />

bei denen es sich häufig um eine Wiedergabe der Auskünfte von Augenzeugen<br />

handelte. Die Berichterstattung verschob sich in der Zeit nach einer Natur-<br />

10 Vgl. Rohr: Naturereignisse, S. 68.<br />

11 Pfister, Ch. (2004): Von Goldau nach Gondo. Naturkatastrophen als identitätsstiftende Ereignisse<br />

in der Schweiz des 19. Jahrhunderts. In: Pfister, Ch. / Summermatter, S. (Hg.): <strong>Katastrophen</strong> und<br />

ihre Bewältigung. Perspektiven und Positionen. Bern, S. 53.

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