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Katastrophen machen Geschichte - oapen

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Der Schwarze Tod in Ägypten<br />

würde bedeuten, dass die Beduinen, die immer mehr im Auftrag der Regierung das<br />

Land kontrollierten und damit Zugriff auf neue Ressourcen hatten, die Gewinner<br />

der Pestkrise waren. Erwähnt werden sollte jedoch in diesem Zusammenhang die<br />

These von Yossef Rapoport, dass sich sesshafte Bauern in Ägypten seit dem<br />

frühen Islam gezielt als Beduinen ausgaben, um die Privilegien – der Besitz von<br />

Waffen und Reittieren – dieser Bevölkerungsgruppe nutzen zu können. Wenn in<br />

den vereinzelt überlieferten mamlukischen Katastern vermehrt „Beduinen“<br />

genannt werden, könnte sich dies also auf „beduinisierte“ Bauern beziehen, was die<br />

These einer beduinischen Zuwanderung in das Niltal zumindest teilweise in Frage<br />

stellen würde. 76 Man könnte in diesem Fall allerdings davon sprechen, dass<br />

„beduinische Identität“ zu einer eigenständigen Ressource wurde.<br />

4 Fazit<br />

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Beduinen aufgrund ihrer<br />

geringeren Verwundbarkeit mit den Folgen der Pest besser umgehen konnten als<br />

die rein sesshaften Bewohner des Niltals. Letztere waren in das System „Nil -<br />

künstliches Bewässerungssystem - Arbeitskraft“ eingebunden. Wurde nur eine<br />

dieser Komponenten geschwächt – und um 1347 scheint dies auf alle<br />

Komponenten zuzutreffen –, so hatte dies katastrophale Folgen sowohl für die<br />

Menschen als auch für das wirtschaftliche Wohl des Landes. Zu schwach, um neue<br />

Ressourcen zu mobilisieren, versuchte man die noch verfügbaren Kräfte und<br />

Reserven so zu verteilen, dass man die Krise überdauern konnte: Arbeitskräfte<br />

wurden in die Stadt verlagert, Kornkammern dienten der Notversorgung. Später<br />

wurden Ländereien an beduinische Gruppen übertragen, die wiederum Aufgaben<br />

der Mamluken übernahmen und diese somit entlasteten. Gleichzeitig versuchte die<br />

Regierung damit vermutlich auch, die Beduinen besser zu kontrollieren. All dies ist<br />

aber nur zum Teil als bewusste Strategie der Regierung oder gar der sesshaften<br />

Bevölkerung insgesamt zu verstehen. Vielmehr scheint es sich um eine Reihe von<br />

individuellen Maßnahmen gehandelt zu haben, die aus der Not heraus geboren<br />

wurden. Die Frage, inwieweit die Umverteilung und Neuerschließung von<br />

Ressourcen bewusste Strategie war oder spontane Reaktion auf strukturelle<br />

Veränderungen, lässt sich quellenbedingt allerdings nur schwer beantworten.<br />

Die Beduinen nutzten ihre Flexibilität und Mobilität, ihre Arbeitskraft und ihre<br />

Privilegien, um neue Ressourcen zu gewinnen, und dies zumindest teilweise<br />

bewusst und gezielt. Vermehrte Überfälle auf geschwächte Dörfer, gewaltsame<br />

Aneignung von Weideland oder später die zunehmende Übertragung von<br />

Ländereien im Gegenzug für bestimmte Dienste verweisen auf eine deutliche<br />

Stärkung der Beduinen gegenüber anderen gesellschaftlichen Gruppen in Ägypten.<br />

aber nur einen marginalen Teil in den staatlichen Bemühungen der Wiederbesiedlung der ländlichen<br />

Gegenden ausgemacht.<br />

76 Vgl. Rapoport: Invisible Peasants.<br />

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