Katastrophen machen Geschichte - oapen
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Der Schwarze Tod in Ägypten<br />
während die Hauptkanäle der zentralen Regierung unterstellt waren. 7 Große<br />
Königsgüter erstreckten sich in den besonders fruchtbaren Gebieten rund um<br />
Kairo. Zum Zeitpunkt des ersten Pestausbruches 1347 betrugen die Ländereien<br />
des Sultans etwa 5/12 des iqta’-Landes. 8<br />
Seit Mitte des 14. Jahrhunderts kamen die Mamluken ihrer Fürsorgepflicht<br />
jedoch nicht mehr ausreichend nach. Kurze Amtszeiten von Regierungsinspektoren<br />
und schwindende Autorität des Sultans führten zu einer Vernachlässigung des<br />
Bewässerungssystems. Die für Reparaturarbeiten an Kanälen und Dämmen<br />
vorgesehenen Steuergelder wurden von den Inspektoren häufig zweckentfremdet. 9<br />
Es scheint zudem, dass die meisten Mamluken ihre Ländereien nur dann besuchten,<br />
wenn es um Militärexpeditionen gegen plündernde Beduinen oder um das<br />
Eintreiben der Steuererträge ging. 10 Die Bauern auf diesen Ländereien waren<br />
beduinischen Angriffen weitgehend wehrlos ausgesetzt, da die Regierung ihnen das<br />
Waffentragen verbot und mitunter Entwaffnungsaktionen durchführte. 11<br />
Die ägyptischen Beduinen lebten überwiegend nicht in der Wüste, sondern<br />
im kultivierbaren Land des Niltals und der Oasen. 12 Sie züchteten größtenteils<br />
Kamele, Rinder und Schafe und standen mit den Sesshaften in ständigem<br />
Kontakt, z.B. auf Märkten oder bei der Organisation von Handelskarawanen.<br />
Die Beduinen hatten ein großes militärisches Potential, das sie mitunter in die<br />
Dienste des Staates stellten, z.B. als zusätzliche Hilfstruppen für die Armee oder<br />
zum Schutz von Handelsrouten und Karawanen. 13 Sie wandten ihre militärische<br />
Macht aber auch gegen die sesshafte Bevölkerung an, indem sie Dörfer oder<br />
Karawanen überfielen und ihre Tiere noch vor der Erntezeit auf den Feldern<br />
weiden ließen. 14 Im Gegensatz zu den sesshaften Bauern gestand ihnen die<br />
mamlukische Regierung das Privileg zu, Waffen tragen zu dürfen. 15 Mobilität<br />
und Wehrhaftigkeit machten die Beduinen zu einer schwer kontrollierbaren<br />
Bevölkerungsgruppe. Das Verhältnis zwischen Staat und Beduinen wurde<br />
daher ständig neu ausgehandelt. Durch Vergabe von Ämtern versuchte die<br />
Regierung beduinische Stammesführer in das Herrschaftssystem einzubinden.<br />
7 Vgl. Rabie: Aspects, S. 60.<br />
8 Vgl. Haarmann: Osten, S. 235.<br />
9 Vgl. Borsch: Black Death, S. 41 f.<br />
10 Vgl. ibid., S. 40 f.<br />
11 Vgl. al-Maqrizi, T. (1958): Kitab al-suluk li-ma’rifat duwal al-muluk, hrsg. von M. Ziyada, 12 Bd.,<br />
Matba’at lajnat al-ta’lif wal-tarjama wal-nashr: Kairo, Bd. 2,3, S. 899, 909-914; zitiert in Borsch, Black<br />
Death, S. 49.<br />
12 Vgl. Aharoni, R. (2007): The Pasha’s Bedouin. Tribes and state in the Egypt of Mehemet Ali, 1805-<br />
1848, Routledge: London/New York, S. 20; Ayalon, D. (1988): The Auxiliary Forces of the Mamluk<br />
Sultanate. In: Der Islam, Bd. 65, S. 13-37, S. 35.<br />
13 Vgl. Ayalon: Auxiliary Forces, S. 14 f., 23 ff.<br />
14 Vgl. Borsch: Black Death, S. 51; Marx, E. (2006): The Political Economy of Middle Eastern and<br />
North African Pastoral Nomads. In: Chatty, D. (Hg.): Nomadic Societies in the Middle East and<br />
North Africa, Brill: Leiden, S. 78-97, S. 87.<br />
15 Vgl. Rapoport : Invisible Peasants, S. 11.<br />
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