Katastrophen machen Geschichte - oapen
Katastrophen machen Geschichte - oapen
Katastrophen machen Geschichte - oapen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
90<br />
Bernd Herrmann & Jana Sprenger<br />
entierte sich u. a. an der kleinen Schrift von Körte. 23 Darin hieß es: „Die Jahre, in<br />
welchen bald diese, bald jene Provinz Deutschlands von den Heuschrecken verheerend<br />
heimgesucht worden, sind, soviel mir auszumitteln möglich war, 1475,<br />
1527, 1636, 1686, 1693, 1696, 1712, 1714, 1715, 1719, 1727, 1728, 1729, 1730,<br />
1731, 1734, 1746, 1747, 1748, 1749, 1750, 1752, 1753, 1754, 1759, 1763, 1803.“ 24<br />
Körte selbst sah sich durch das Heuschreckenauftreten im Jahr 1827 zu seiner<br />
Schrift veranlasst, so dass er die Reihe hätte fortsetzen können.<br />
Offenbar unterschied Bodenheimer zwischen leichterem, lokalen und schwerem,<br />
überregionalen Heuschreckenbefall, denn in der Gesamtübersicht 25 über Heuschreckenjahre<br />
für den Zeitraum 1701 – 1750 lautete seine Angabe über Heuschreckenjahre<br />
„Deutschland: 21 (42).“ Bodenheimer hat aus den bekannten Heuschreckenjahren<br />
zwischen 1301 und 1750 auf der Basis der ihm bekannten Heuschreckenjahre<br />
zwischen 1701 – 1750 hochgerechnet, dass für Deutschland nur<br />
28 % aller Heuschreckenjahre historisch überliefert wären. Da Bodenheimer in<br />
seine Erwägungen noch keine klimatischen Schwankungen als determinierenden<br />
Faktor einbeziehen konnte, müssen seine Schätzungen des Überlieferungsdefizits<br />
als zu hoch gelten.<br />
Innerhalb dieser Arbeit orientieren wir uns für das 18. Jh. an der Zusammenstellung<br />
von Herrmann, 26 die sich für Brandenburg auf die Aktenlage im Geheimen<br />
Staatsarchiv Berlin stützt. 27 Weder die Quellenlage noch eine ihr angemessene<br />
Hermeneutik gestatten jedoch, nach „schweren“ oder „leichten“ Heuschreckenjahren<br />
zu differenzieren.<br />
Ausführlich ist die Behandlung des Lemmas „Heuschrecke“ in der Enzyklopädie<br />
von Krünitz, 28 der auch spätere Dekaden als Bekmann überblickte. Seine Darstellung<br />
ist aus zwei Gründen besonders interessant. Einmal war Krünitz durch seine<br />
Lebensmittelpunkte Frankfurt/Oder und Berlin mit den brandenburgischen Verhältnissen<br />
bestens vertraut, was sein Text auch entsprechend widerspiegelt. Der<br />
zweite Grund ist in der Ausrichtung der Enzyklopädie selbst zu sehen. 29 Die Er-<br />
23 Körte war Professor an der königl. Akademie für Landbau zu Möglin, am Rande des Oderbruchs,<br />
jener landwirtschaftlichen Station, die auf A.v.Thaer zurückgeht. Körte schreibt durchaus aus der<br />
brandenburgischen Perspektive, ohne diese allerdings zu sehr zu betonen.<br />
24 Körte, F. (1828): Die Strich-, Zug- oder Wanderheuschrecke, ihre Beschreibung, Verheerung in<br />
jetzigen und frühern Zeiten, und die Mittel zu ihrer Vertilgung, Rücker: Berlin: S. 4.<br />
25 Bodenheimer: <strong>Geschichte</strong>, S. 45.<br />
26 Herrmann (2003): Entvölkerung.<br />
27 Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, II. HA, Kurmark Materien, Tit. CCLXVIII,<br />
Nr. 2, Vol. I-III.<br />
28 Johann Georg Krünitz wurde 1728 in Berlin geboren, lebte von 1749 bis 1759 als Arzt in Frankfurt/Oder,<br />
kehrte dann nach Berlin zurück und begann 1773 mit der Herausgabe der Enzyklopädie,<br />
deren erste 72 Bände er bis zu seinem Tode 1796 selbst erarbeitet hat. Das Lemma Heuschrecke ist<br />
in Bd. 23 abgedruckt, der in erster Auflage 1781, in zweiter 1790 erschien.<br />
29 Der vollständige Titel der Enzyklopädie lautet: „Oekonomische Encyklopädie oder Allgemeines<br />
System der Staats- Stadt- Haus- und Landwirthschaft in alphabetischer Ordnung“