Katastrophen machen Geschichte - oapen
Katastrophen machen Geschichte - oapen
Katastrophen machen Geschichte - oapen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Heuschreckenkalamitäten in Brandenburg<br />
Bekmanns Angaben, die in der vorstehenden Tabelle zusammen gefasst sind, enden<br />
um 1740 mit folgender Bewertung „Haben also das Sternbergische, Züllichowische<br />
und Krossensche Land und den größten Teil der Mittelmark bis an die<br />
Havel überzogen, über welche sie mit vollem Haufen nicht gekommen.[…] Ist also<br />
das Havelland bis 1740 damit verschonet, auch die Uckermark, Priegnitz und Altmark<br />
davon befreit geblieben.“<br />
Schwerpunkte des Auftretens waren die Gebiete südlich der Warthe und rechts der<br />
Oder (Sternberg, Züllichau), nach Süden hin durch den OW–Verlauf des Oderbogens<br />
begrenzt, sowie links der Oder mit der nördlichen Niederlausitz und in einem<br />
Gürtel vom Amt Lebus bis zum Teltow. Betroffen waren vor allem Regionen<br />
Brandenburgs, die an Flußauen grenzten oder sie beherbergten, erklärbar aus den<br />
entwicklungsbiologischen Ansprüchen der Insekten. Dass die Heuschrecken sich<br />
westlich der Havel nicht niederlassen konnten, obwohl die Oberhavel wegen ihrer<br />
geringen Breite kaum ein Hindernis darstellen konnte, wird eher mit der erfolgreichen<br />
Trockenlegung des Havelländischen Luchs (1718 – 1724) zusammenhängen.<br />
20 Das Muster ist erkennbar und konsistent mit den allgemeinen biologischen<br />
Grundlagen: entweder sorgte ein Heuschreckenschwarm aus dem europäischen<br />
Südosten für den initialen Anstoß zur nachfolgenden Heuschreckenvermehrung<br />
oder infolge günstiger Witterungsverhältnisse entwickelten sich länger im Boden<br />
ruhende Eier zu Heuschreckenlarven und flug- und fortpflanzungsfähigen Imagines,<br />
deren Eiablage das nächstjährige Auftreten sicherte. Es folgten zum Teil mehrere<br />
heuschreckengünstige Jahre aufeinander, bis ungünstige Populationsdynamiken<br />
oder Witterungsverhältnisse das jährlich konstante Auftreten aussetzen ließen.<br />
Nach 1739 sind, ebenfalls vorzugsweise für den brandenburgischen Osten,<br />
weitere Heuschreckenjahre bekannt: 1748, 1750, 1752, 1753, 1754, 1760, 1761,<br />
1763, 1777, 1782, 1783, 1784, 1785. 21 Darunter waren nur vier Jahre, denen nicht<br />
mindestens ein weiteres Heuschreckenjahr folgte. Die längste Heuschrecken-<br />
Sequenz betrug vier Jahre (1782 – 1785), die Schadensausmaße waren 1752 – 1754<br />
vermutlich am größten. Innerhalb dieses Tripletts wurde 1753 das bedeutsame<br />
Heuschrecken-Edikt erlassen (s.u.).<br />
Angaben über Heuschreckenjahre variierten, vermutlich wegen genutzter unterschiedlicher<br />
Quellen und damit verbundenen Differenzen in den Angaben der<br />
Zeitzeugen und deren Bewertung durch spätere Quellennutzer. So gab Bodenheimer<br />
22 für Brandenburg Heuschreckenjahre wie folgt an: „1730, 1733/39, 1748/50,<br />
1752/54“ und für das 19. Jh. „1826/27, 1844, 1874/76, 1883.“ Bodenheimer ori-<br />
20 Weitere größere Meliorationsmaßnahmen in Brandenburg-Preußen im 18. Jahrhundert: Oderburch<br />
1747-1756; Silge 1747-1750; Rhinluch 1773-1777; Warthebruch 1765-1786; Drömling 1786.<br />
21 Herrmann, B. (2003): Die Entvölkerung der Landschaft. Der Kampf gegen „culthurschädliche<br />
Thiere“ in Brandenburg im 18. Jh. In: Bayerl, G. / Meyer, T. (Hg.): Die Veränderung der Kulturlandschaft<br />
(= Cottbuser Studien zur <strong>Geschichte</strong> von Technik, Arbeit und Umwelt 22), Waxmann: Münster<br />
u. a., S. 33-59.<br />
22 Bodenheimer: <strong>Geschichte</strong>, S. 39.<br />
89