Katastrophen machen Geschichte - oapen
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Bernd Herrmann & Jana Sprenger<br />
Für die Erstlinge der Schädlingsbekämpfung und der entomologischen Literatur in<br />
Deutschland 14 waren Heuschrecken ein selbstverständliches Thema.<br />
Kraft 15 berichtete ausführlich, aber eher allgemein über Heuschrecken und<br />
stellte nur kursorisch regionale Bezüge her. Dies liegt nahe, weil er eine Anweisung<br />
zur Schädlingsbekämpfung schrieb, für deren Marktinteresse regionale Bindungen<br />
eher nachteilig gewesen wären. Die Heuschrecken des Jahres 1682, die im Sommer<br />
bei Frankfurt und in der Neumark bei Crossen/Züllich im Juli gesehen wurden,<br />
erwähnte er hingegen ausdrücklich. Sie hätten „den Himmel bei heiterem Sonnenschein<br />
bedeckt.“ Weitere Angaben zu historischen Heuschreckeneinfällen in Brandenburg<br />
machte er jedoch nicht.<br />
Frisch, der in Berlin am Grauen Kloster arbeitete und Klassen-Vorsitzender<br />
in der Preußischen Akademie war, verfasste seinen Heuschrecken-Aufsatz 1730,<br />
also erst im 9. Teil seiner 1720 begonnenen Insektenkunde. Auch er sprach die<br />
Brandenburger Verhältnisse nur einmal an: 1730 erschienen die Heuschrecken,<br />
auf die er sich in seiner später im selben Jahr erfolgten Veröffentlichung bezog.<br />
Als einem der Gründerväter der deutschen Entomologie war ihm das Zoologische<br />
gewiss wichtiger als die Bekämpfungsstrategie, der er zwar einen Kupferstich<br />
widmete, ohne jedoch näher auf diesen einzugehen. 16 Gegenüber der sehr<br />
mäßigen Qualität des Bekämpfungs-Kupfers war seine Darstellung der Heuschrecken<br />
von deutlich besserer Handwerklichkeit (Abb. 4). Als Zeitzeuge für<br />
Daten von Heuschreckenkalamitäten entfällt Frisch, aber die nachdrückliche<br />
Ernsthaftigkeit, mit der er Maßnahmen zur Heuschreckenbekämpfung skizzierte,<br />
unterstrich sein Urteil: Heuschreckenbekämpfungen seien ungleich wichtiger als<br />
Wolfsjagden. Die Wölfe würden zwar das Fleisch wegnehmen, die Heuschrecken<br />
jedoch das Brot 17. Es ging also, daran ließ Frisch keinen Zweifel, in existentieller<br />
Weise um das elementarste Nahrungsmittel. An dieser Stelle ist der Hinweis<br />
vorweggenommen, dass in Brandenburg-Preußen 1731 das erste Edikt zur Heuschreckenbekämpfung<br />
erlassen wurde.<br />
Zedlers Universallexikon, das zwischen 1731 und 1754 erschien, erwähnte als<br />
einzigen Heuschreckenschwarm auf deutschem Territorium den von 1693 18, der<br />
keinen Bezug zu Brandenburg hatte. Es erwähnte zwar die von den Tieren verur-<br />
14 Krafft, A. F. (1712–1713): Der sowohl Menschen und Viehe grausamen Thiere/schädlichen Ungeziefers<br />
und verderblicher Gewürmer gäntzliche Ausrottung…, Buggel: Nürnberg 1712 (anderer<br />
Theil), 1713 (erster Theil); Frisch, J. L. (1720–1730): Beschreibung von allerley Insecten in Teutsch-<br />
Land: Nebst nützlichen Anmerckungen und nöthigen Abbildungen von diesem kriechenden und<br />
fliegenden inländischen Gewürme…13 Teile, Nicolai: Berlin [auch Sekundärausgaben ab 1730]<br />
15 Krafft: Menschen: Teil 1, Cap. 26, ab S. 403; Teil 2, Cap.V, ab S. 55.<br />
16 Wiedergabe bei Herrmann, B. (2007): Ein Beitrag zur Kenntnis von Schädlingsbekämpfungen und<br />
ihren Konzepten im 18. und frühen 19. Jahrhundert an Beispielen aus Brandenburg-Preußen. In:<br />
Engelken, K. / Hünniger, D. / Windelen, S. (Hg.): Beten, Impfen, Sammeln. Zur Viehseuchen- und<br />
Schädlingsbekämpfung in der frühen Neuzeit, Universitätsverlag Göttingen, S. 168.<br />
17 Frisch: Beschreibung: Teil 9, S. 9.<br />
18 Zedler, J. H. (1731 – 1754): Großes vollständiges Universal Lexikon aller Wissenschaften und<br />
Künste: Bd. 12, S. 1008 ff. – Zu diesem Schwarm siehe Weidner 1986.