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Katastrophen machen Geschichte - oapen

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Bewältigung von Naturkatastrophen<br />

Deiche entgegenwirken konnte. Die Februarflut des Jahres 1718 traf die Küstenbewohner<br />

in einer Situation, in der die Schäden der verheerenden Weihnachtsflut<br />

von 1717 nicht einmal behoben worden waren. So fragte sich so mancher Einwohner<br />

verzweifelt was denn „der Deichbau [hilft], wenn Gott doch strafen<br />

will?“ 18<br />

Nach Ansicht der Theologen war aber eine solche Reaktion auf Sturmfluten<br />

nicht angemessen. Sie verkündigten in ihren Predigten, dass gerade die Vernachlässigung<br />

der Deiche einer Sünde gleichkäme und die Bewohner dadurch noch mehr<br />

den Zorn Gottes auf sich lenken würden. 19<br />

Der Deichbau muss also als eine Form der Bewältigung betrachtet werden, die<br />

sich viele Jahrhunderte lang immer wieder aufs Neue vor dem Hintergrund der<br />

religiösen Deutungsmuster bewähren und beweisen musste. Erst im 19. Jahrhundert<br />

wird allgemein die „Natur“ als Verursacherin von Sturmfluten angeführt.<br />

3.4 Räumlich orientierte Bewältigung<br />

Die hier als „räumlich“ benannte Form der Bewältigung von Naturkatastrophen<br />

bezieht sich auf die demographische Mobilität nach einer Naturkatastrophe. Es<br />

stellt sich die Frage, unter welchen Umständen es bei einer betroffenen Bevölkerung<br />

zu einer Abwanderung nach einem schweren Ereignis kommen konnte. Um<br />

die These einer räumlichen Bewältigungsstrategie zu untermauern, sei auf eine<br />

Graphik, die ich zur deutschen Auswanderung nach Übersee erstellt habe, zu verweisen.<br />

Grundlage meiner Ausarbeitung zur Überseewanderung bildete eine Graphik<br />

von Peter Marschalck. 20 In dieser Graphik stellt er die Entwicklung der Auswanderungsziffer<br />

in Deutschland dar. Ich habe Marschalcks Graphik um einige Inhalte<br />

erweitert. Es wurden Ereignisse eingezeichnet, die die Auswanderungsbereitschaft<br />

in hemmender oder fördernder Weise beeinflusst oder allgemein im Rahmen der<br />

gesamten Auswanderungsbewegung stattgefunden haben.<br />

Obgleich einige Forscher diesem speziellen Ereignis im Kontext der überseeischen<br />

Massenauswanderung nur wenig Beachtung schenken, hatte ich das sogenannte<br />

„Jahr ohne Sommer“ 1816 an den Anfang meiner Ausführungen gestellt<br />

und somit als Beginn der Auswanderung nach Übersee angesehen.<br />

18 Jakubowski-Tiessen, M. (1992): Sturmflut 1717. Die Bewältigung einer Naturkatastrophe in der<br />

Frühen Neuzeit. München, S. 143.<br />

19 Vgl. Jakubowski-Tiessen: Sturmflut 1717, S. 93.<br />

20 Marschalck, P. (1973): Deutsche Überseewanderung im 19. Jahrhundert. Ein Beitrag zur soziologischen<br />

Theorie der Bevölkerung (=Industrielle Welt 14), Stuttgart, S. 40.<br />

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